SZenario:"Denk da nix"

Lesezeit: 2 min

Michael "Bully" Herbig las mit Dietl-Stimme. (Foto: Catherina Hess)

Leicht kurios: Die Vorstellung der Biografie von Helmut Dietl mit Michael "Bully" Herbig

Von Philipp Crone, München

Michael "Bully" Herbig kann es nicht verbergen. Der Schauspieler sitzt am Donnerstagabend im Saal des Literaturhauses neben Verleger Helge Malchow und Tamara Dietl, der Witwe des verstorbenen Regisseurs Helmut Dietl. Herbig, Freund des Filmemachers und dessen Hauptdarsteller in seinem letzten Film, wartet. Gleich wird er den unerklärlichen Dietl etwas erklären, aus seiner wunderbar bissigen Biografie lesen, aber eines ist schon klar, bevor Herbig etwas sagt: Die dauernde Ungeduld und der Missmut über langweilige Momente, die jeder gute Geschichtenerzähler meidet wie Herbig eine schlechte Pointe, die bestimmen und bestimmten Herbigs und Dietls Leben.

Es ist 20.33 Uhr als Herbig sprechen darf. Zuvor hat Tamara Dietl den Anfang des Buches verlesen und Malchow erstaunlich unspannende Dinge erzählt, dabei sind die 340 Gäste doch wegen Herbig da. Der zieht immer wieder die linke Augenbraue hoch und beißt sich nach 20 Minuten auf die linke Backe. Dietl wäre längst gegangen.

Dann. Endlich. Herbig. Spricht genau so wie Dietl, schnell, münchnerisch, ähig, ungeduldig. "Nachdem sich meine Eltern scheiden gelassen hatten", sind die ersten Worte, er stutzt, falsche Syntax im Buch, Riesengelächter, der Abend nimmt Fahrt auf. Dietl erzählt, wie er schon mit acht Gedichte schrieb für Freundinnen, "aufgrund hormoneller Überschwemmungen", und wusste: Wenn sie gefielen, was etwa der Fall war, "wenn sich Hund auf Abgrund reimte", waren sie schlecht. Dietl reimte in verschiedenen Stilen, Heinrich Heine "war mein Gott", den Frauen gefiel er nicht, "vielleicht war er ihnen zu ironisch". Die Gabe des gehobenen Humors, wie sie Dietl und Herbig haben, macht manchmal unverstanden.

Dietl und die Frauen. Seiner Mutter erzählte er als Kind abends, was er angestellt hatte, und bekam die Absolution: "Denk da nix." In Anwesenheit von Kollegen "durfte man ihr nicht helfen", schreibt Dietl über eine spätere Freundin, und Herbig sagt: "Also wenn man ihm, in Anwesenheit von irgendjemandem . . ." Dann kam, bevor man etwas sagen konnte: "Na, na, bitte keine Ideen." Dietl, der Getriebene, der bei der Besetzung der Hauptrolle von "Kir Royal" fast scheitert, ehe er im letzten Moment Franz Xaver Kroetz entdeckt. Auch bei den Zettl-Dreharbeiten: Riesengeschichte, wenig Filmzeit. Zettl floppte, Dietl wurde krank und tat dann doch das weiter, was er immer tat: Er schrieb, "wie immer letztlich über mich selbst".

Herbig lehnt sich am Ende entspannt zurück, Dietl lächelt hinter ihm von einem Foto. Herbig hat den Abend gerettet, den Regisseur nahbarer gemacht. Und zum zähen Beginn hätte Helmut Dietls Mutter am Ende ja auch nur gesagt: "Denk da nix."

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: