SZ-Serie: Neustart, Folge 6:Wie Teutonia aus der Asche

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Für die Fußballer des Amateurklubs ist 2017 das Jahr des Wiederaufbaus. Kurz vor Weihnachten brannte ihr Klubheim, jetzt muss es saniert oder komplett neu gebaut werden. Dafür braucht es Geld - und kreative Kniffe

Von Stefan Galler

Eine Woche vor Weihnachten stand der Amateurklub vor einem Scherbenhaufen - buchstäblich. Ein technischer Defekt im Kabinentrakt hatte ein Feuer ausgelöst. Das Klubheim des FC Teutonia München an der Schwere-Reiter-Straße brannte, ausgerechnet am Abend der Weihnachtsfeier. An diesem Abend verloren rund 700 Fußballer ihre Vereins-Heimat. Nachdem das Feuer gelöscht war, musste das Dach über den Toiletten abgetragen werden, Umkleiden und Duschen sind verwüstet. Für dieses Jahr gibt es nun nur ein Ziel: Teutonia will gestärkt aus dem Unglück hervorgehen. 2017 soll das Jahr des Neuanfangs werden.

Für die ehrenamtliche Vorstandschaft ist es eine gewaltige Aufgabe, die sie auch während der Feiertage auf Trab hielt. Der Vorsitzende Klaus Neuner etwa konnte nicht wie geplant mit seiner Frau am 25. Dezember in den Weihnachtsurlaub auf einem Bauernhof starten, sondern reiste erst am Tag vor Silvester hinterher. "Wir hatten noch innerhalb des Vorstands Dinge zu entscheiden, mussten uns deshalb zusammensetzen", sagt Neuner. Dazu kamen zahlreiche Anfragen, die er abarbeiten musste: "Alleine der E-Mail-Verkehr ist der absolute Wahnsinn, der Zeitaufwand enorm", sagt der 60 Jahre alte Vorstand, der deshalb auch immer wieder unbezahlten Urlaub nehmen muss. Vier- bis fünfmal pro Woche ist der Stationsleiter eines Kranken-Pflegedienstes der Universität München zurzeit auf dem Klubgelände, er trifft sich mit den Stammtischen des Vereins, beantwortet die Anfragen von Mitgliedern, die besorgt sind, wie es nun weitergeht - und ihre Hilfe anbieten. "Wir erstellen jetzt immer wieder einen Newsletter, um die wichtigsten Punkte zu klären. Das Problem: Hinterher kommen noch mehr Nachfragen."

Noch immer zeugen die Rußspuren an der Wand von dem Brand im Klubheim des FC Teutonia an der Schwere-Reiter-Straße. (Foto: Stephan Rumpf)

Viele davon sind noch immer nicht geklärt. Auch nicht die Frage, ob man das Klubheim sanieren sollte - oder gleich neu bauen. Die ersten Kostenvoranschläge für eine Wiederherstellung des bestehenden Gebäudes inklusive Entsorgung der zerstörten Teile und Reinigung belaufen sich auf insgesamt rund 130 000 Euro. "Wir stehen mit der Versicherung im ständigen Austausch", sagt Klaus Neuner. Diese Kosten würden demnach übernommen werden. Sollte sich der Verein aber für einen Abriss mit anschließendem Neubau oder auch für einen Anbau entscheiden, um die Kapazitäten zu erhöhen, wären diese Kosten nicht durch die Versicherung gedeckt.

Unmittelbar nach dem Brand hatte man im Verein darauf spekuliert, das Unglück für etwas Gutes zu nutzen und das ohnehin zu klein gewordene Klubheim zu vergrößern. Doch solche Sprünge sind schwierig. Für einen Ausbau würden Investitionen in sechsstelliger Höhe fällig. Neuner ist vorsichtig, was eine zu hohe Verschuldung des Vereins angeht. Schon vor der Anschaffung eines Kunstrasens, den Teutonia zu 30 bis 40 Prozent über Kredite hätte finanzieren müssen, schreckten er und seine Kollegen vor einigen Jahren zurück.

Um die Aufnahme eines Darlehens wird man beim FC Teutonia nicht herumkommen, wenn sich der Vorstand zu etwas entschließt, was die Versicherung nicht übernimmt. Und das, obwohl die Hilfsbereitschaft nicht nur innerhalb des Klubs riesig ist. Auch von Seiten anderer Vereine und des Bayerischen Fußball-Verbands (BVF) wird den Teutonen viel Solidarität zuteil. Zuletzt wurde Neuners Stellvertreter Volker Schay bei den Münchner Hallenkreismeisterschaften ein Scheck in Höhe von knapp 22 000 Euro überreicht.

"Wir haben jetzt mal Kassensturz gemacht", sagt Neuner. Etwa 30 000 Euro seien insgesamt an Spenden eingegangen. Die SpVgg Unterhaching wird darüber hinaus im Sommer auf dem Teutonia-Gelände ein Benefizspiel gegen eine Münchner Amateur-Auswahl bestreiten, die Einnahmen sollen ebenfalls in die Reparaturarbeiten fließen. Dazu kommen Angebote wie jenes des SV Anzing, der ein ganzes Team aus Schreinern nach Neuhausen schicken möchte, um beim Wiederaufbau zu helfen.

Der ehrenamtliche Vereinsvorsitzende Klaus Neuner in den schwer beschädigten Räumen. "Wir stehen mit der Versicherung im ständigen Austausch", erklärt er. (Foto: Stephan Rumpf)

Doch nicht nur die Frage Sanierung oder Neubau ist noch offen - es fehlt auch ein kurzfristiger Ersatz für die fehlenden Kabinen. Klaus Neuner und seine Mitstreiter hofften ursprünglich darauf, rasch und unbürokratisch an Container zu kommen, zumal die Nachfrage nach solchen provisorischen Unterkünften wegen der rückläufigen Flüchtlingszahlen zuletzt sank. Ein Treffen mit der SPD-Stadtratsfraktion brachte dann aber Ernüchterung: Man müsse zunächst die Baupläne des Architekten über das Vereinsgelände einreichen, dann würde sich das Baureferat damit beschäftigen. "Die Stadträte haben uns gesagt, dass wir die Container in acht Wochen aufstellen können - aber nur mit gutem Willen des Baureferats", sagt Neuner und wirkt dabei etwas desillusioniert.

Nun ist Improvisationskunst gefragt, schließlich soll bereits Anfang Februar das Training wieder losgehen. Zumindest für die im März startende Punkterunde ist eine Lösung denkbar: "Wir hoffen, dass wir an Spieltagen die Umkleiden der naheliegenden Schulen am Ackermannbogen nutzen können", sagt Neuner. Die Teams müssten dann per Shuttleservice hin- und hergebracht werden. Unter der Woche, wenn die Teutonia-Teams trainieren, dürfte das nicht funktionieren, weil die Schulturnhallen dann belegt sind. Man kann aber davon ausgehen, dass der Vorstandsriege des FC Teutonia auch für dieses Problem noch ein Kniff einfällt. Ein Kniff für den Neuanfang.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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