Tourismus:Was in Reiseführern über München steht

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Man kann sich besser zurechtfinden in einer fremden Stadt mit einem Reiseführer - er kann aber auch in die Irre führen. (Foto: Catherina Hess)

Neben Museums-Tipps, Empfehlungen für Bars und Clubs und eine Anleitung zum Weißwurst-Essen werden natürlich auch die gängigen Klischees über die Bewohner ausgebreitet.

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Wer als Münchner mit einem Stadtführer über München durch München bummelt, kann schon mal am Odeonsplatz von einem Rikschafahrer freundlich gefragt werden: "Wo soll's denn heute noch hingehen?" Man wäre wohl etwas irritiert, weil im Stadtführer schließlich steht, dass die Münchner "allgemein als etwas griesgrämig" gelten. Vielleicht sollte man sich ja mit dem freundlichen Rikschafahrer hinüber zum Marienplatz kutschieren lassen, zum Epizentrum des München-Tourismus. Der kleine rote Reiseführer schreibt dazu, am Marienplatz lauschen sie "der täglichen Darbietung des Glockenspiels, probieren die typische Weißwurst und trinken dazu eine Mass Bier" (Stadtführer München, Verlag Editorial Escudo de Oro). Das klingt doch verheißungsvoll. In einem anderen München-Führer gibt es sogar Verhaltenstipps zum Verzehr einer stadttypischen Weißwurst: "Erlaubt ist alles, was die Wurst solange wie möglich heiß erhält - Auszuzeln, Abbeißen, für jeden Bissen eine Scheibe abschneiden", steht im "City Trip München" aus dem Reise Know-How Verlag. Und dann heißt es doch tatsächlich: "Wer die Haut mitisst, zeigt sich perfekt angepasst."

Ja, so ein Reiseführer kann tückisch sein, das weiß jeder, der sich in der Fremde auf einen solchen verlassen musste. Man kann sich nicht nur hoffnungslos blamieren, indem man dem Ratgeber vertraut und die Weißwurst tatsächlich mit Haut und Haar verschlingt. Auch die zwangsläufige mangelnde Aktualität eines gedruckten Guides kann den Reisenden in die Irre führen. Der "Dumont direkt" erwähnt beispielsweise das Tambosi am Odeonsplatz, aber in der Ausgabe von 2017 hatte es gerade geschlossen. Direkt darunter wird das Stereo Café in der Residenzstraße beschrieben, das wiederum ist mittlerweile zu.

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Auch den persönlichen Geschmack der Reisebuchautoren sollte der Tourist bei der Lektüre des Führers im Hinterkopf haben, sonst läuft er an den größten Sehenswürdigkeiten vorbei. Die sehr gut informierte Autorin des Büchleins "Dumont direkt", Agnes Fazekas, hat viele gute Tipps parat, manchmal lässt sie den Leser aber ziemlich ihre Abneigungen und Vorlieben spüren. Das Ägyptische Museum mit seiner beeindruckenden Architektur empfiehlt sie höchstens "Übereifrigen": Beim Besuch des Kunstareals springe der Tourist "schon zwischen den Epochen wie ein Flipperball, da müssen es nicht noch Kontinente sein". Das Hofbräuhaus sei zwar "DIE München-Attraktion", aber nur empfehlenswert für denjenigen, der "es partout sehen will". Überhaupt ließe sich das Platzl, das hartnäckig als "der Platz" beschrieben wird, "gut ignorieren". Das P 1 im Haus der Kunst wird als "ältester Club Münchens" erwähnt, soll aber zwei Seiten später links liegen gelassen werden. Dafür dürfe man eine andere Attraktion in der Nähe "nicht verpassen": die Surferwelle.

Der Touristenmagnet am Eisbach findet sich natürlich auch in anderen Reiseführern wieder. Das ADAC-Büchlein über München, in der die Stadt im Untertitel als "gemütliche Metropole an der Isar" bezeichnet wird, beschreibt die Eisbachwelle gar als "gewaltiges Schauspiel". Für die Münchner Autoren des Marco-Polo-Führers "Low Budget", Amadeus Danesitz und Alex Wulkow, zählen die Eisbachsurfer an der Prinzregentenstraße "mittlerweile zu den Wahrzeichen der Stadt und sind sogar Wellenreitern an Australiens Stränden ein Begriff". Kein Wunder, dass es an der Brücke immer so voll ist.

Die klassischen Wahrzeichen Münchens dürfen natürlich in keinem der getesteten Reiseführer fehlen, oftmals sind sie gleich mit Spaziergängen verbunden. Ein Bummel durch die Altstadt führt beim roten Buch von Escudo de Oro vom Marienplatz zum Spielzeugmuseum, zur Peterskirche über den Viktualienmarkt und der Heiliggeistkirche hinunter zum Isartor mit dem Valentin-Karlstadt-Musäum (Liesl Karlstadt wird dabei im Text unterschlagen). Weiter geht es kreuz und quer zum Stadtmuseum, Jüdischen Zentrum, Sendlinger Tor und zur Asamkirche und über die Fußgängerzone über den Stachus und die Frauenkirche bis zum Hofbräuhaus, Nationaltheater und Residenz. Wer bei der Tour keine schweren Beine bekommt, ist ein ziemlich sportlicher Städtereisender.

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Die ausführlicheren München-Reiseführer haben auch Schwabing und Maxvorstadt sowie das Gärtnerplatzviertel im Programm wie der Polyglott "on tour". Die Autorin Karin Baedeker empfiehlt: "Das Blumenrondell lädt zum Relaxen ein; auf den Freiluftterrassen der umliegenden Lokale trifft man sich zum Kaffeetrinken oder auf einen Sundowner." Mit dem Dumont "direkt" kann man auch Haidhausen und die Au, Giesing und die Schwanthalerhöhe entdecken - seltsamerweise als "der vergessene Stadtteil" vorgestellt.

Reine Geschmackssache sind bei Reiseführern naturgemäß die gastronomischen Tipps. Der ADAC-Reiseführer listet in der Altstadt beispielsweise den Ratskeller, das "Conviva" der Kammerspiele, die Pfälzer Weinstube und für abends das "Call me Drella", das "Harry Klein" sowie die "Lux Bar" in der Ledererstraße auf. Der Reise Know-How "City Trip" von Daniela Schetar und Friedrich Köthe unterscheidet unter anderem zwischen bayerischer Küche (zum Beispiel "Fraunhofer" und "Osterwaldgarten"), vegetarisch und vegan, Biergärten, Cafés, Bars und Klubs, etwa die "089Bar" am Maximiliansplatz oder das "Kilombo" auf der Schwanthalerhöhe.

Durchaus wichtige Hinweise, was man als Tourist in München möglichst nicht machen sollte, gibt Polyglott: mit dem eigenen Pkw durch die Innenstadt fahren, in der Fußgängerzone radeln, Bier in den Biergarten schmuggeln oder auf dem Viktualienmarkt feilschen. Überflüssig dagegen die Stereotypen, die in allen Führern über den Münchner stehen. Da ist natürlich der bayerische Grant, das "Münchner Lebensgefühl", die Gemütlichkeit, die "Dauer-Mission, dem Rest der Welt erklären zu müssen, dass München gar nicht so lahm ist", sondern "München leuchtet", schließlich ist man in "Deutschlands schönster - und teuerster - Stadt". Natürlich sind alle "stolz darauf, Münchner zu sein". Woran das liegt? Ganz einfach: Die Münchner stammen wie die Touristen aus aller Welt.

© SZ vom 24.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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