Südliches Bahnhofsviertel:Ein Christbaum für Klein-Istanbul

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Der Verein "Südliches Bahnhofsviertel" will die "dynamische Münchner Mischung" aus Hotels, Cafés und Dönerbuden, aber auch Spielhallen und Sexshops pflegen und bewahren. Bäume sollen die Atmosphäre freundlicher machen.

Stephan Handel

Kleine Grünflächen findet man im Südlichen Bahnhofsviertel höchstens am Gemüsestand. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Klein-Istanbul? "Das ist schon recht", lacht Fritz Wickenhäuser, "solange es klein bleibt." Wickenhäuser ist der Vorsitzende des Vereins "Südliches Bahnhofsviertel" und stolz auf die Vielvölker-Vielfalt seines Quartiers. Und so hat er auch kein Problem, den Christbaum multikulturell zu unterfüttern, der am 1. Dezember vor dem Goethe-Café in der Goethestraße aufgestellt wird: "Der stammt ja ursprünglich aus Kleinasien."

3000 Menschen wohnen südlich des Bahnhofs - aber 30.000 Arbeitsplätze gibt es dort, die von Bürgern aus 30 Nationen besetzt werden. Hotels, Café und Dönerbuden, aber auch Spielhallen und Sexshops, das ist, so meint Wickenhäuser, die "dynamische Münchner Mischung", die es zu pflegen gilt, aber auch zu bewahren. So hat der Verein etliche Immobilienbesitzer überzeugt, dass sie bei Leerständen in den Erdgeschossen nicht mehr an Spielhallen vermieten, eine Übereinkunft, die nicht nur den zuständigen Bezirksausschuss 2 jubeln lassen dürfte: "Bei einer Spielhalle sind die Frontfenster mit Folie zugeklebt", sagt Wickenhäuser. "Das ist erstens kein schönes Bild und zweitens ist damit auch der öffentliche Raum vor dem Haus tot." Er hofft wie so viele auf die neue Spielhallenverordnung der Stadt, die den Genehmigungsbehörden endlich mehr Mittel für eine restriktivere Politik an die Hand geben soll.

Wickenhäuser hat lange Jahre das Hotel Cristal in der Schwanthalerstraße geleitet, das nun seine Tochter führt. Dass die Bayerische Hausbau, ein Unternehmen der Schörghuber-Gruppe, ein neues Hotel an der Ecke Bayer-/Goethestraße und damit Konkurrenz errichten will, schreckt ihn jedoch nicht - er sieht das als Verbesserung der momentanen Situation, "jetzt sind da ja lauter Schnelldreher drin", also Läden, die sich nicht sehr lange halten. Da verspricht er sich von einem "professionell geführten" Hotel durchaus eine Aufwertung, auch für das Entree des Reisenden, wenn er denn den Hauptbahnhof nach Süden verlässt. "Das könnte eine Visitenkarte werden", meint er. Und überhaupt: "Wenn die Neugestaltung des Bahnhofs beginnt, dann wollen wir als Verein schon auch ein Wörtchen mitreden."

Das wird auf jeden Fall noch etwas dauern - ein anderes Anliegen hat Wickenhäuser mit seinem Verein jedoch schon auf den Weg gebracht: Im Bezirksausschuss brachten sie einen Antrag ein, an der Landwehr- und der Schwanthalerstraße doch einige Bäume zu pflanzen. Der BA nahm den Antrag einstimmig an, jetzt befindet er sich auf dem langwierigen Weg durch die Verwaltung. "Wir wollen ja keine Allee und keinen botanischen Garten dort", sagt Wickenhäuser. "Aber ein paar geschickt platzierte Bäume würden alles gleich viel freundlicher machen."

Von einer anderen, zwar kleinen, aber für Wickenhäuser doch bedeutsamen Errungenschaft musste er sich vor kurzem allerdings verabschieden: 35 Jahre ist es her, da legten er und einige benachbarte Geschäftsleute zusammen und spendierten der Schwanthalerstraße einige Laternen, nicht in erster Linie zur Beleuchtung, sondern "um zu zeigen, dass wir auch zur Fußgängerzone gehören", weshalb die Laternen die gleichen waren, die auch jenseits des Stachus' standen. Vor drei Wochen nun hat die Stadt diese Laternen abbauen lassen, was der Helligkeit dort nicht schadet, aber leid ist es Fritz Wickenhäuser doch drum. Allerdings: "Wenn sie für jede Laterne einen Baum pflanzen, soll's mir recht sein."

© SZ vom 05.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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