Studium:Unbeschränkter Zugang zum falschen Fach

Lesezeit: 2 min

Mit Eignungsprüfungen haben es die Ludwig-Maximilians-Universität und die Technische Universität geschafft, die Quote der Studienabbrecher deutlich zu senken. Doch nun müssen einige Tests wieder entfallen, weil das Wissenschafts­ministerium die Freiheit der Berufswahl gefährdet sieht

Von Jakob Wetzel

Die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) muss nachbessern: Mit Hilfe von Eignungsprüfungen hat sie in den vergangenen Jahren versucht, die Quote der Studienabbrecher zu senken. Im kommenden Jahr aber muss sie in mehreren Studiengängen die dort etablierten Prüfungen wieder abschaffen. Das fordere eine Übereinkunft mit dem bayerischen Wissenschaftsministerium, heißt es aus der Uni. Vom Wintersemester 2018/19 an darf sie demnach nur noch in fünf Bachelor-Studiengängen zu schriftlichen Tests oder Auswahlgesprächen bitten. Bislang sind es neun. Die LMU ist damit in derselben Situation wie die Technische Universität (TU) München, die ebenfalls seit Jahren auf Eignungsprüfungen setzt. Die TU hält bislang Tests in 20 Bachelor-Studiengängen. Sie muss nun auch in vier Studiengängen zurückrudern - und das, obwohl sie mit den Tests die Quote der Studienabbrecher deutlich hatte senken können. Informatik, Physik, Biologie und Chemie aber sind nun in Abstimmung mit dem Wissenschaftsministerium herausgefallen. In diesen Fächern werde man nun wohl mit Studienorientierungsverfahren arbeiten, heißt es aus der TU, also mit einer unverbindlichen Hilfe. Auch die LMU habe gute Erfahrungen mit Eignungstests gemacht, sagt Martin Wirsing, LMU-Vizepräsident für den Bereich Studium. Im Bachelor-Studiengang Mathematik etwa, in dem es vorübergehend Eignungsprüfungen gab, habe es ohne Tests eine Schwundquote von 27 Prozent gegeben. Mit den Tests sei diese auf 16 Prozent gesunken.

"Wir haben eine Reihe von Studienbewerbern davon abhalten können, ein Studium aufzunehmen, das nicht zu ihnen passt", sagt Wirsing. Dennoch sei man im Ministerium immer wieder auf Bedenken gestoßen: Schließlich berechtige bereits das Abitur zum Hochschulzugang, zudem garantiere das Grundgesetz allen Deutschen die Freiheit der Berufswahl. Für die Behörde müssen Eignungsprüfungen daher die Ausnahme bleiben. Nach dem Hochschulgesetz sind sie in den Fächern Kunst, Musik und Sport erlaubt sowie in Studiengängen, die "besondere qualitative Anforderungen" stellen. Darunter fallen nach der Übereinkunft zwischen Unis und Ministerium interdisziplinäre Fächer wie etwa Bioinformatik.

In den Fächern Biologie, Geschichte, Informatik und Soziologie hingegen fallen die Eignungstests nun weg. Die Universität setzt hier in Zukunft auf Online-Fragebögen, die derzeit entwickelt werden. Bewerber müssen sich hier selbst prüfen, erst danach dürfen sie sich einschreiben. Das dürfen sie dann allerdings unabhängig vom Ergebnis des Fragebogens. Der Test dient nur zur eigenen Orientierung.

Der Aufwand ergebe dennoch Sinn, sagt Martin Wirsing. Denn tatsächlich würden sich viele Abiturienten etwa von Mathematik ein ganz falsches Bild machen, sagt er. An der Uni gehe es darum, Sätze zu beweisen, an der Schule aber kämen solche Aufgaben gar nicht vor. Der Fragebogen kann daher helfen: Er gibt künftig einen Einblick in die tatsächlichen Inhalte des Studiums. Und die Hoffnung ist: Wer sich vor Studienbeginn intensiv mit einem Fach beschäftigt hat, bricht seltener ab. Beziffern lasse sich das noch nicht, sagt Wirsing. "Aber wir hoffen, dass wir mit den Fragebögen ähnliche Effekte erzielen können wie mit einem Eignungstest."

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: