Studie zu Wohnwünschen:Hauptsache mittendrin

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Vor allem in der Münchner Innenstadt gibt es kaum noch bezahlbare Wohnungen - wie hier in der Sendlinger Straße. (Foto: Robert Haas)

Die Münchner wollen vor allem zentral wohnen, hat eine Studie der TU ergeben. Doch nur 45 Prozent derjenigen, die innerhalb des Mittleren Rings eine Wohnung suchen, werden dort auch fündig. Was Wissenschaftler dagegen tun wollen.

Von Michael Tibudd

Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) fordern von der Stadt eine deutliche Aufwertung der Randgebiete. "Wir brauchen eine mehrpolige Stadtentwicklung", sagt Alain Thierstein vom Lehrstuhl für Raumentwicklung der TUM. Unter seiner Regie entstand in den vergangenen Jahren eine Studie, die die Wohnwünsche der Bevölkerung untersuchte und mit der Realität am Immobilienmarkt abglich.

Ergebnis: "Zentralität ist für alle das wichtigste Kriterium, egal ob Single, ob Paar oder Familie, ob jung, ob alt, ob das Einkommen hoch oder niedrig ist", sagt Thierstein. Weil aber nun einmal nicht alle im Zentrum wohnen könnten, müssten die Randgebiete attraktiver werden, damit auch diese zu Wunschgebieten von Wohnungssuchenden werden. "Dafür sind auch mehr Nahverkehrsverbindungen zwischen den neuen Außenzentren wichtig", sagt Thierstein.

Die Realität am Wohnungsmarkt, das belegt nun auch die repräsentative Studie der TUM, die elf Unternehmen der Wohnungswirtschaft mitfinanziert haben, sieht so aus: Viele Menschen ziehen zum Beispiel nach Freimann statt wie ursprünglich geplant nach Schwabing, nach Neuhausen statt in die Maxvorstadt, nach Berg am Laim statt nach Haidhausen.

Nur 45 Prozent derjenigen, die innerhalb des Mittleren Rings eine Wohnung suchen, werden dort auch fündig. Wobei Zentralität für viele nicht immer unbedingt eine Lage in der Münchner Innenstadt bedeuten müsse. Ein S-Bahn-Anschluss sei für viele schon ein bedeutender Wert, sodass sich unterschiedliche Bedürfnisse durchaus verbinden lassen - eben der Wunsch nach Zentralität und etwa nach einer ruhigen Umgebung im Grünen, wie es insbesondere Familien verstärkt suchen.

"Lebendig und durchmischt"

Für die Studie haben die Wissenschaftler zwischen 2009 und 2012 knapp 1800 Menschen befragt, die nach mehr oder weniger langer Suche - im Durchschnitt neun bis zehn Monate - auch tatsächlich eine Wohnung gefunden hatten. Dazu klapperten die Forscher vor allem die Bewohner von Neubaugebieten ab, 1100 der Befragten lebten in frisch errichteten Gebäuden in München oder in umliegenden Städten und Gemeinden.

Bei fast allen zeigte sich, dass das ursprünglich geplante Budget für die neue Wohnung zu gering bemessen war, ob die Befragten nun zur Miete oder im frisch erworbenen Eigentum lebten. Wer etwa innerhalb des Mittleren Rings fündig wurde, muss jetzt im Schnitt einen Euro mehr Miete pro Quadratmeter bezahlen als geplant. Je weiter außerhalb man suchte, desto geringer stellt sich dieser Aufschlag dar: 0,66 Euro in München außerhalb des Mittleren Rings, 0,46 Euro in der Region.

Anders als erwartet empfinden die Befragten den Weg in die Peripherie allerdings nicht unbedingt als schlecht und deprimierend, wenn sie sich erst einmal am neuen Wohnort eingelebt haben. Die Ausweich-Viertel würden "dennoch als lebendig und durchmischt erlebt", sagt Studienleiter Thierstein.

Zentralität ist dabei eben doch relativ. So gilt das Hasenbergl mittlerweile als lebendiges Unterzentrum, viele Wohnungen dort sind sehr begehrt - insbesondere bei Menschen, die von außerhalb nach München ziehen und denen das schlechte Image aus der Vergangenheit nicht so wichtig ist.

Im Neubaugebiet Hirschgarten wiederum, der von vielen Bewohnern als klassisch zentral bewertet wird, herrscht dagegen eine "ausgeprägte Unzufriedenheit": Dort fehlt es an Supermärkten und anderen Einrichtungen der Nahversorgung, einen Umstand, den Alain Thierstein der Stadtplanung ankreidet. "Man sollte daraus die richtigen Schlüsse ziehen und bei anderen Entwicklungen die Nahversorgung parallel mit einbeziehen", sagt er.

Die Studie liefert dabei auch auf den ersten Blick widersprüchliche Ergebnisse. So führt die hohe Nachfrage nach zentralen Lagen einerseits zu steigenden Preisen. Andererseits zeigt die Studie, dass insbesondere Menschen mit geringen Einkommen besonders stark im Zentrum suchen, vor allem junge Menschen. Hier machen die Befragten am ehesten Abstriche beim Platz. Dieses Ergebnis zeige, dass Wohnanlagen in zentralen Lagen auch für weniger Geld verfügbar seien - oft in solchen Gebäuden, in denen lange nur sehr wenig investiert wurde.

© SZ vom 12.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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