Auseinandersetzung in Starnberg:Freispruch nach tödlichem Nachbarschaftsstreit

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Ein 79-Jähriger wirft in Berg am Starnberger See eine Mülltonne nach seinem 80-jährigen Nachbarn. Der erleidet einen tödlichen Herzinfarkt. Vor Gericht wird der Angeklagte freigesprochen, doch der Richter liest ihm die Leviten, wie es nur selten im Gericht vorkommt.

Von Andreas Salch

In der Gemeinde Berg am Starnberger See tobte fast zwanzig Jahre lang ein erbitterter Nachbarschaftsstreit. Einer der beiden Bewohner des Hauses, der achtzigjährige Gynäkologe Hans-Joachim W., überlebte den Zwist nicht.

Bei einer Auseinandersetzung soll Walter H. in der Einfahrt des Anwesens eine Plastikmülltonne nach seinem Nachbar geworfen haben. Dieser wurde zwar nicht getroffen, die Aufregung war aber offenbar zu viel für ihn. Er erlitt einen Herzinfarkt, zwei Tage später starb er.

Walter H., Bundesbahndirektor a. D, musste sich deshalb seit Dienstag vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts München II verantworten. Die Anklage warf ihm versuchte gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge vor. An diesem Mittwoch fiel das Urteil: Freispruch. Doch der Richter hat dem Angeklagten bei der Urteilsbegründung derart die Leviten gelesen, wie man es im Gericht selten erlebt.

Es sei kein Freispruch erster Klasse, sagte der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer, Martin Rieder. Er würde es nicht einmal seinem ärgsten Feind wünschen, Nachbar des Angeklagten zu sein. "Sie sind rechthaberisch, querulatorisch und jemand der versucht, andere zu piesacken, wie es nur geht", sagt der Richter zu Walter H. Sein Verhalten trage gewisse dissoziale Züge, die zwar noch nicht krankhaft seien, aber ausreichten, um einem Nachbarn das Leben zu vergällen.

Die Lebenspartnerin des toten Arztes verkaufte die Wohnung später. Mit seinem neuen Nachbarn, so der Richter, soll Walter H. genauso umgehen, wie mit dem toten Arzt. Der Angeklagte habe Glück, dass sich die Lebensgefährtin des Arztes nicht mehr genau an den Ablauf der Tat erinnern konnte. Ihre Aussage vor Gericht reiche nicht für eine Verurteilung.

Es sei nicht mehr zu ermitteln gewesen, ob der Angeklagte die Mülltonne zielgerichtet nach seinem Nachbarn geworfen oder nur, wie Walter H. behauptete, umgestoßen habe. Wenn dies festzustellen gewesen wäre, sagte der Vorsitzende Richter zu dem Bundesbahndirektor a. D., hätte er den Gerichtsaal nicht als freier Mann verlassen.

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