Stream-Kritik:Fast normal

Stefan Gabanyi. (Foto: Bar Gabanyi)

Die Bar Gabanyi überträgt Konzerte ins Internet

Von Michael Zirnstein, München

Bettbüros, Küchenkonferenzräume und Kinderzimmerschulen sind für Politiker die "neue Normalität" - wie sehr sehnt man sich da nach der alten. Nach Clubs zum Beispiel und was dazugehört: Musik, Drinks, Flirts. All das brachte der erste Abend der Stream-Reihe "Kultur erhalten" aus der Bar Gabanyi, freilich mit der sozialen Distanz des digitalen Sozialraums. Aber nach den vielen improvisierten Wohnzimmerkonzerten tat allein schon der Anblick eines gepflegten Trinktempels gut, und ebenso der professionelle Ansatz mit Tipptopp-Technikteam und mehreren Kameras.

Derlei kann nun kein echtes Konzert ersetzen, aber Django 3000, längst zu groß für solche Stuben, gaben bei ihrem ersten Auftritt in der Bar Gabanyi ihr Bestes. Das ist der Charme des Sängers Kamil Müller, zu dem man sich an jeden Tresen setzen würde, um dessen Bourbon-gegurgeltem Slawako-Bairisch zuzuhören. Und das ist der herrlich real scheppernde Gypsy-Folk, der perfekt zur Krise passt, weil er meist von einem Leben davor und einem danach erzählt und von der Sehnsucht "Voigas" zu geben. Als sich die heftig angeflirtete Programm-Chefin Fany Kammerlander beim Banditen-Blues "Golddiger" mit dem Cello zu ihren Chiemgauer Freunden gesellte, machten sie die Bar zur Räuberhöhle. Und zum Finale zeigten sie, dass da, wo Freunde sind, "Heimat" ist, also auch in einer Bar. Das war schon in der "Cocktail-Pause" in der Halbzeit klar. Da führte Gastgeber Stefan Gabanyi aus, was einen Americano respektive einen Torino Milano aus- und zum Negroni macht. Trinken ist eben auch Kultur, zumindest in Gesellschaft.

© SZ vom 25.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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