Strafprozess:Im Fernbus zum Deal

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Mitglieder einer Drogenbande gestehen Marihuana-Schmuggel

Von Andreas Salch

Tomas H. hofft offenbar auf göttlichen Beistand. Er trägt einen weißen Rosenkranz um den Hals. Kann ja nicht schaden. Gerade vor Gericht. Dort hat der 35-Jährige an diesem Mittwoch gemeinsam mit Cyrus S., 29, und Blanka Z., 26, auf der Anklagebank der 3. Strafkammer am Landgericht München I Platz nehmen müssen. Die Staatsanwaltschaft legt H. und den Mitangeklagten unerlaubte Einfuhr von Marihuana im Bereich zwischen knapp neun und zwölf Kilogramm zur Last. Cyrus S., der in München lebt, hatte die Drogen bei Tomas H. in Tschechien geordert. Pro Kilo zahlte er dafür 5500 Euro.

Den Ermittlungen der Münchner Zollfahnder zufolge, beschaffte H. das Marihuana in Prag. Eingepackt in Reisetaschen brachte Blanka Z. es von dort nach München. Für jede Kurierfahrt erhielt sie knapp 400 Euro. Geld, das sie dringend brauchen konnte. Ihren Job als Bedienung an einem Flughafen hatte sie verloren. Für die Fahrten von Prag nach München nutzte die 26-Jährige stets einen Fernreisebus. Endstation war der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) an der Hackerbrücke. Von dort aus ließ sie sich mit einem Taxi nach Schwabing chauffieren, wo sie Cyrus S. das Marihuana in dessen Wohnung übergab. Tomas H., der hinter dem Fernreisebus, in dem Blanka Z. saß, herfuhr, nahm von Cyrus S. das vereinbarte Geld für das Marihuana entgegen. Anschließend fuhr er mit Blanka Z. in seinem 1er BMW zurück nach Tschechien.

Im April 2015 hatten Fahnder des Zolls am ZOB einen Kurier festgenommen. Sie fanden bei ihm zwei Kilogramm Marihuana. Bei seiner Vernehmung nannte er seinen Hintermann in Tschechien und den Namen von Cyrus S. Von da an waren die Ermittler über den regen Transfer von Marihuana von Prag nach München im Bilde. Denn sie hörten unter anderem das Telefon von Cyrus S. ab. Wenn der inzwischen exmatrikulierte Student in Prag wieder mal einen "Schrank" orderte, wussten die Ermittler, dass in nächster Zeit Marihuana nach München geliefert wurde. Und zwar ein Kilo. "Schrank", so stellte sich heraus, war das Codewort dafür. Andere Codes für ein Kilo der Droge lauteten: "Giga-Byte" oder "Computer-Platten".

Vor Beginn der Beweisaufnahme kam es zu einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Für den Fall umfassender Geständnisse sicherte die Kammer unter Vorsitz von Richter Anton Winkler Cyrus S. und Tomas H. eine Haftstrafe zwischen viereinhalb und fünf Jahren zu. Blanka Z. stellte das Gericht eine Strafe von dreieinhalb bis vier Jahren in Aussicht. Alle drei Angeklagten räumten daraufhin die Vorwürfe ein. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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