Strafprozess:18-Jähriger soll auf Einbruchs-Opfer eingestochen haben

Lesezeit: 2 min

  • Ein 18-Jähriger steht wegen versuchten Mordes vor der Jugendkammer am Landgericht München I.
  • Er soll auf einen Mann eingestochen haben, in dessen Wohnwagen er zum schlafen einbrechen wollte.
  • Der Mann wurde durch die Stiche lebensgefährlich verletzt.

Von Christian Rost

Mittags aufstehen, sich frisch machen, danach erst mal zu Penny, um eine Flasche Jägermeister zu besorgen - so sah ein typischer Tag im Leben des 18-jährigen Imad M. ( Name geändert) aus, bevor er festgenommen wurde. M. hatte keine eigene Bleibe, er brach in Wohnwagen ein und übernachtete dort.

Auch in der Nacht zum 16. Mai knackte er in Moosach einen Campinganhänger. Der Besitzer schlief darin, wurde von M. überrascht und verfolgte ihn dann. Als der 55-Jährige ihn zu fassen bekam, zog der Heranwachsende ein Messer und stach zu. Seit Freitag muss sich Imad M. vor der Jugendkammer am Landgericht München I verantworten - wegen versuchten Mordes.

Was der 18-Jährige für einen Hintergrund hat

Der junge Mann hat sechs Geschwister, die Mutter machte sich aus dem Staub, mit vier Jahren kam er in ein Heim, mit neun Jahren zog er das erste Mal an einem Joint. Sowohl sein Vater als auch ein Bruder saßen teils mehrfach im Gefängnis. Keine guten Voraussetzungen also für einen jungen Mann, mit dem Leben zurecht zu kommen.

Er versuchte sich zwar nach der Hauptschule in zwei Lehren als Installateur und in der Gastronomie, beide brach er aber ab. Mit 17 Jahren stand er ohne Dach über dem Kopf auf der Straße. Da begann er die Sache mit den Wohnwagen und Wohnmobilen, die überall in München am Straßenrand abgestellt sind. Er knackte sie, nächtigte darin und ließ Stehlenswertes mitgehen.

An jenem Wochenende im Mai hatte er sich nachmittags am Olympiaeinkaufszentrum mit Freunden getroffen, um gemeinsam "besoffen zu werden", wie er sagte. Abends zogen die jungen Leute zu einer Party. Was dort geschah, weiß der Angeklagte angeblich nicht mehr. Nur so viel: Er hatte übermäßig getrunken. Seine Erinnerung setzt wieder ein, als er sich zusammen mit einer Freundin gegen 0.30 Uhr auf den Weg machte, "um einen Schlafplatz zu suchen".

Wie es zu der Tat gekommen sein soll

Ein an der Hanauer Straße abgestellter Wohnwagen schien ihm geeignet. Laut Anklage prahlte M. vor seiner Begleiterin: "Soll ich dir zeigen, wie man so ein Fenster aufmacht?" Da hatte er es schon einen Spalt breit geöffnet und griff ins Innere - genau an den Hinterkopf des schlafenden Wohnwagenbesitzers. Der Mann schreckte hoch, M. geriet in Panik und flüchtete mit seiner Freundin zu Fuß zurück zu den anderen.

Der Wohnwagenbesitzer nahm auf einem Elektrofahrrad die Verfolgung auf. Als er zu der Gruppe kam, erkannte er M., stellte ihn zur Rede und kündigte an, die Polizei zu holen. "Ich fühlte mich bedroht", beschrieb M. die Situation. Deswegen habe er sein Messer mit zehn Zentimeter langer Klinge herausgeholt und auf den Mann, der nach ihm getreten habe, eingestochen. Das Opfer erlitt diverse Verletzungen, lebensgefährlich war eine Wunde an der Brust, die die Lunge geöffnet hatte. Der Täter flüchtete und verbrachte die restliche Nacht noch mit zwei Kumpels in einem geknackten Wohnmobil in der Au. Kurze Zeit später spürte die Polizei ihn auf.

Der Vorsitzende Richter Stephan Kirchinger fragte den Angeklagten: "Haben Sie eigentlich an den verletzten Mann gedacht?" Imad M.: "Ich dachte die ganze Zeit, der wäre draufgegangen." Der Prozess dauert an.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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