Zornige Grundstücksbesitzer:Zum Heckenschneiden gezwungen

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An vielen Gartenzäunen bleibt von einst dichten Thujen nur braunes Gestrüpp übrig. Anordnungen der Gemeinde verärgern viele Gautinger

Von Michael Berzl, Gauting

Braune Aststümpfe enden am Gartenzaun, dürres Gestrüpp ist zu sehen, wo vorher noch eine dichte Hecke war. Radikale Rückschnitte und ihre Folgen sind allerorts in Gauting und Stockdorf zu sehen. Gartenbesitzer mussten auf Anordnung der Rathausverwaltung ihre Thujen stutzen und sind entsprechend sauer. Mancher reagierte erst auf Drohungen, dass sonst auf seine Kosten eine Firma die Arbeiten erledigt. Die Gemeinde hat ihre Gründe; es habe immer mehr Beschwerden gegeben, dass weit hinausragendes Gebüsch Gehwege versperrt, berichtete eine Rathaussprecherin. An etlichen Stellen sind Thujen einen halben Meter und weiter über die Grundstücksgrenze hinaus gewachsen und zu einem echten Hindernis geworden. Wer mit dem Kinderwagen unterwegs ist, muss dann eben auf die Fahrbahn ausweichen.

Fußgänger und Radler haben wieder mehr Platz auf dem Weg an der Stockdorfer Ortsdurchfahrt. (Foto: Nila Thiel)

"Hier geht es um Sicherheit", betont Rathaussprecherin Ricarda Polz. Zugleich müsse der Gleichheitsgrundsatz beachtet werden. Die Gemeinde könne nicht bei einem Grundstück den Rückschnitt anordnen und bei dem nächsten ein Auge zudrücken. So ist die Politik des Rathauses seit mehreren Jahren recht rigide. Auch kaum benutzte Gehwege an Sackgassen müssen freigeschnitten werden.

Mit einer herzlichen Bitte aus dem Bauamt fängt es an, die dritte Aufforderung klingt dann schroffer. Es ist von unerlaubter Sondernutzung und einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit die Rede. Unter Fristsetzung wird "letztmalig" die Gelegenheit gegeben, den verlangten Rückschnitt zu erledigen. Über "Drohbriefe der Gemeindeverwaltung" klagt daher beispielsweise Klaus Beer aus Stockdorf. Die Schreiben hätten "für einigen Aufruhr und für Empörung unter den Bürgern gesorgt". Vergeblich hatte er sich sogar ans Starnberger Landratsamt gewandt.

Mindestens 200 Anordnungen zum Thema Hecke seien an Grundstücksbesitzer verschickt worden, berichtet Polz. Die Reaktionen seien sehr unterschiedlich gewesen, zum Teil erbost, zum Teil aber auch verständnisvoll. Wie es in einem Schreiben aus dem Rathaus heißt, habe sich gezeigt, "dass eine bloße Ermahnung im freundlichen Schreibstil selten zu dem erwünschten Erfolg" geführt habe. Eine Anzeige, ein Zwangsgeld oder eine Ersatzvornahme durch eine Firma habe es aber bisher noch nicht gegeben. Letztlich hätten die Gartenbesitzer nachgegeben. Die Spuren sind nun überall zu sehen. Manche Hecken wurden bis ins alte Holz zurückgeschnitten, Fachleute gehen davon aus, dass sie dann nie mehr dicht nachwachsen. "Was die jetzt machen, ist schon radikal", sagt ein Stockdorfer, der ebenfalls nachgab und zur Heckenschere gegriffen hat. "Das schaut manchmal richtig greislich aus."

Die Kontroverse spiegelt auch eine ausführliche Debatte in einer Facebook-Gruppe mit etwa 100 Wortmeldungen wider. Darin wird die Linie der Gemeinde nicht nur kritisiert, vereinzelt ist dort auch zu lesen, dass Grundbesitzer eben ihren Verpflichtungen nachkommen und darauf achten müssen, dass Gehwege nicht überwuchert werden.

Wer angesichts der Verwüstungen nach einem Radikalschnitt eine neue Thujenhecke pflanzen will, kann wiederum Probleme bekommen. Diese Art der Einfriedung ist in der Gemeinde Gauting eigentlich unerwünscht, zulässig sind nach einer Ortsvorschrift nur heimische Gehölze. In einigen Bebauungsplänen sind Thujen sogar ausdrücklich verboten.

© SZ vom 12.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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