Wohnraum in Starnberg:Problembaustelle am Schlossberg

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Nach dreimonatigem Baustopp wird nun geprüft, wie es auf der Baustelle weitergehen könnte. (Foto: Franz X. Fuchs)

An der Von-der-Tann-Straße sollen Mehrfamilienhäuser mit 14 Wohnungen entstehen. Doch erst stand die Grube wochenlang unter Wasser, dann gaben die Spundwände nach. Das Landratsamt verhängte einen Baustopp, nun sind die Gutachter am Zug

Von Peter Haacke, Starnberg

Vielschichtig und komplex ist der Starnberger Untergrund: In tiefer gelegenen Bodenschichten fließt viel Grundwasser, was Bauherren wie Architekten immer wieder vor enorme Herausforderungen stellt. Dass die Probleme zu lösen sind, beweisen einige Neubauten in Nachbarschaft des Starnberger Schlossbergs. An der Von-der-Tann-Straße 12 aber wurden die Probleme offenbar falsch eingeschätzt: Erst stand die Baugrube wochenlang unter Wasser, dann gaben die Spundwände nach. Das Landratsamt verhängte daraufhin Ende August einen Baustopp. Seit wenigen Tagen wird nun wieder gearbeitet auf der Baustelle, wo zwei Mehrfamilienhäuser nebst Tiefgarage entstehen sollen.

Es ist eine gewaltige Grube, die sich da in der Von-der-Tann-Straße auftut. "Betreten verboten! Lebensgefahr!" mahnt ein Schild neben einem Kran. Fußgänger müssen die Straßenseite wechseln, es herrscht absolutes Halteverbot im Baustellenbereich, auf laminierten Zetteln steht: "Fotografieren verboten". In der Nachbarschaft hat sich der Unmut über den täglichen Lärm durch Bagger, Lastwagen und allerlei Baugerät zwar etwas gelegt, seit Ende August ruht der Baubetrieb. Doch das permanente Rauschen der Pumpen, die Tag und Nacht die Grube von Grundwasser freihalten, blieb. Seit wenigen Tagen wird nun auch wieder gearbeitet auf Starnbergs derzeit problematischster Baustelle: Ein Gutachten soll klären, wie es weitergeht.

Den Baustopp hatten die meterhohen eisernen Spundwände ausgelöst: Sie waren tief in den Boden gerammt worden, hielten aber dem Druck des Erdreichs nicht stand. Notdürftig wurden daraufhin Eisenträger waagegerecht über Eck zwischen die ausgeschachteten Wände geklemmt, um ein Abrutschen des Geländes zu verhindern. Ein Nachbar bangte um seine Garage, das Landratsamt untersagte zwischenzeitlich sogar die Nutzung. Und auf der anderen Seite in der Max-Zimmermann-Straße klaffen zwischen den Platten der Terrasse eines Hauses Lücken, die es zuvor nicht gegeben haben soll, beteuert Frank Kaiser, der hier schon seit 30 Jahren lebt.

Für Dieter Sinning, Technischen Fachbereichsleiter am Landratsamt, sind die Probleme in der Von-der-Tann-Straße keine Überraschung. Die Baustelle sei kompliziert, sagt er, und die Aufgabe sehr schwierig. Nach drei Monaten Baustopp hat seine Dienststelle vorerst die Teilfreigabe für eine Untersuchung erteilt, aber keine Baufreigabe: Man will zunächst herausfinden, wie es überhaupt weitergehen könnte. Dazu muss die teilweise bereits vergossene Bodenplatte wieder entfernt werden. "Es wird alles im Detail noch mal geprüft", sagt Sinning - in enger Abstimmung mit Fachbehörden, Bauaufsicht, Prüfingenieuren und Wasserwirtschaftsamt. Das Ergebnis ist offen. "Alle möglichen Szenarien" seien denkbar, sagt Sinning, "wir stehen da ganz am Anfang".

Bei der mit den Bauarbeiten beauftragte Baufirma Hazrolli Wohnungsbau aus Pfaffenhofen will man sich nicht äußern zur Von-der-Tann-Straße 12 und verweist auf den Bauträger. In einem Youtube-Video ("Ich bin Albaner - Hazrolli") ist in einer kurzen Sequenz auch die Baustelle in Starnberg zu sehen: Bagger ebnen das Gelände ein, entfernen Büsche und Bäume. Wochenlang transportierten Lastwagen den Aushub ab, große Maschinen rammten Spundwände in die Erde. Dann kam der Baustopp, weil sich einige Eisenträger bedrohlich neigten.

Für den Bauträger, die Johann Wasner Vertriebs GmbH in Bad Birnbach, ist das alles eine unangenehme Sache - vor allem in finanzieller Hinsicht. Knapp drei Monate sind bereits verloren. Ob und wann die beiden Häuser weiter gebaut werden können, steht momentan in den Sternen. Dabei hatte die "Postbank Immobilien" schon seit Monaten exklusiv die Werbetrommel gerührt für "Modernes Wohnen in ruhiger Lage am Schlossberg": Im Angebot sind insgesamt 14 Wohnungen, Eineinhalb- bis Drei-Zimmer-Einheiten mit 33 bis 147 Quadratmetern zum Preis von 325 000 bis hin zu gut einer Million Euro für Penthousewohnungen auf dem Dach. Doch der Verkauf stockt momentan. Die Werbetafel für die Immobilie, die potenzielle Käufer anlocken soll, liegt unbeachtet am Rand der Baustelle.

Seit wenigen Tagen tut sich nun wieder etwas auf der Problembaustelle. Ein "Vertreter des Bauherrn", der namentlich nicht genannt werden möchte, betont, es sei "alles freigegeben von der Behörde". Grund für die Verzögerung sei ein Gutachten gewesen, das die Grundwasserproblematik falsch eingeschätzt und "den Wasserstand falsch berechnet" habe, erklärt er. Nun müssten Prüfstatiker und Hydrogeologen noch einmal ran für ein weiteres Gutachten. Die Spundwände haben nachgegeben, ja, aber ansonsten "ist da nichts passiert", sagt der Beauftragte der Wasner GmbH. In der Garage des Nachbarn etwa hätten sich entgegen allen Befürchtungen doch keine Risse gezeigt. Allerdings werde die falsche Grundwasserberechnung noch "ein gerichtliches Nachspiel haben". Ansonsten aber wolle man alles tun, um den Bau so schnell wie möglich fertig zu stellen: Es besteht weiterhin Hoffnung, dass die dreistöckigen Mehrfamilienhäuser mit ihrer "modernen, ökologischen Fassade" bis Anfang 2021 bezugsfertig sind.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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