Etwa 240 Zugänge:Schwarzbau-Stege am Wörthsee sollen verschwinden

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240 Stege am Wörthsee sind genug, meint die Gemeinde Wörthsee und stellt einen Bebauungsplan auf, um den Wildwuchs einzudämmen. (Foto: Schimpfle/oh)

Zwischen Steinebach und Walchstadt herrscht Wildwuchs. Die Gemeinde prüft nun, welche genehmigt sind.

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Wenn sich sogar Planer winden und sich immer wieder auf Juristen beziehen, muss die Thematik schon verzwickt sein. Ist sie. Die Gemeinde Wörthsee will mit einem Bebauungsplan "Stege" den Wildwuchs am Wörthseeufer verhindern. Was bedeutet, sie muss zunächst wissen, wie viele Stege es überhaupt gibt, welche genehmigt sind und welche nicht, ob die schwarz gebauten stehen bleiben dürfen, und das alles soll möglichst gerecht sein. Für Planer Serge Schimpfle und die Gemeinderäte eine schwierige Aufgabe. "Ich habe so einen Bebauungsplan noch nie gemacht", sagte Schimpfle am Montag.

Das Thema Wörthseeufer beschäftigt die Anrainergemeinden seit langer Zeit. Allein bis zum rechtskräftigen Bebauungsplan "Wörthseeufer" gingen Jahrzehnte ins Land, weil immer wieder dagegen geklagt wurde. Jetzt also geht es um die Stege in der Gemeinde Wörthsee, die meisten davon in Privathand. Schon 2014 wurde eine Veränderungssperre erlassen und immer wieder verlängert, weil ein Bauwerber einen 16 Meter langen, 1,20 Meter breiten und eine Plattform mit drei Metern Durchmesser in den See stellen wollte. Die Krux an der Sache: Ein Bauantrag für eine neuen Steg gilt als genehmigt, wenn Wasserwirtschaftsamt und Naturschutzbehörde keine Einwände haben und die Gemeinde nicht innerhalb von drei Monaten Gründe findet, den Bau abzulehnen. Die können aber nur in der Bauleitplanung festgesetzt werden. Und dann ist da auch noch das gräfliche Rentamt in Seefeld, das mitredet, denn Eigentümer des Sees ist die Familie der Grafen zu Toerring-Jettenbach.

Um festzustellen, wie viele Stege es überhaupt gibt im Gemeindegebiet, das sich vom Süden Steinebachs bis hinüber nach Walchstadt zieht, Luftlinie etwa 4,5 Kilometer, hat Schimpfle eine Drohne fliegen lassen. Auf den Bildern sind etwa 240 Stege zu sehen, der Abstand dazwischen beträgt oft nur drei bis fünf Meter. Jetzt muss eruiert werden, wie viele genehmigt sind. Was nicht einfach sein dürfte. Denn Nachweise darüber gibt es oft nicht mehr - oder hat es nie gegeben. 1995, beim Stöbern in den Archiven, haben Behördenvertreter festgestellt, dass im Bereich der Gemeinde Wörthsee letztendlich nur sechs Stege vom Wasserwirtschaftsamt genehmigt wurden. Der große Rest, wie im Übrigen auch zahlreiche Zäune, Uferbefestigungen, Wochenendhäuser oder richtige Häuser, waren Schwarzbauten. Genauso wie einige Verlandungsflächen, mit denen Grundstückseigentümer ihre Parzellen vergrößert haben.

Genehmigt sind, so hieß es in der Gemeinderatssitzung am Montag, unter anderem die Stege am Seehaus Raabe, der neue Steg am Augustiner, einer der zwei Stege des Fischereivereins Pilsensee-Wörthsee. "Die Wasserwacht und andere gemeinnützige Verbände dürften keine Schwierigkeiten haben", sagte Bürgermeisterin Christel Muggenthal (SPD).

Thomas Bernhard (Freie Wähler) wies daraufhin, dass es einen Stichtag geben habe, mit dem alle davor gebauten Stege genehmigt worden seien. Außerdem bestehe Bestandsschutz. Sollten nun Stege von Eigentümern, die nichts Schriftliches haben, abgebaut werden müssen, sei das "harter Tobak, das geht zu weit". Er und sein Fraktionskollege Harald Lossau stimmten gegen den Aufstellungsbeschluss.

Der Fischereiverein hat seinen Antrag auf Genehmigung des zweitens Stegs am Bootshaus in Walchstadt wegen der Veränderungssperre zurückgezogen. Die Fischer treibt etwas anderes um, wie am Rande der Sitzung zu hören war. Ihr Pachtvertrag mit dem Rentamt läuft Ende des Jahres nach 30 Jahren aus. Von anderen Stegbesitzern in Wörthsee hört man, die Pacht solle auf das Doppelte erhöht werden. Im Rentamt war am Dienstag niemand zu erreichen. Für den Fischereiverein, der den Pilsensee, Wörthsee und Widdersberger Weiher bewirtschaftet, um einen gesunden Bestand heimischer Fischarten sicherzustellen und die Artenvielfalt zu erhalten, wäre das bitter. Er müsste die Kosten auf die 480 Mitglieder - davon 55 Jungfischer - umlegen.

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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