Wörthsee:Eine Lehre für alle Demokraten

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Die Freude der Kreis-Grünen über den Wahlerfolg wird durch die AfD getrübt

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Das zweitstärkste Ergebnis bei Bundestagswahlen, Zuwächse in allen Gemeinden, so etwas muss gefeiert werden. So ließ sich denn Peter Steinhöfel, Kassier im Starnberger Kreisvorstand der Grünen, nicht lumpen und gab bei der Kreisversammlung am Dienstag im Seehaus Raabe in Wörthsee eine Runde Sekt aus.

Für die Direktkandidatin Kerstin Täubner-Benicke hatte Bernd Pfitzner einen Blumenstrauß und einen Gutschein dabei. "Damit du dich erholen kannst." Täubner-Benicke erinnerte sich, dass sie "ganz viel Mut" gebraucht habe, um für die Grünen im Wahlkreis 224 anzutreten. Es sei ein arbeitsreiches Jahr gewesen, sie habe viele Erfahrungen gemacht und neue Freundschaften geschlossen. Nach den schlechten Umfragewerten für die Grünen sei sie am vergangenen Sonntag eher betrübt zur Wahlparty ins Landratsamt gegangen - um nach den ersten Hochrechnungen umso glücklicher zu sein. "Das gute Ergebnis war eine Bestätigung für mich und für grüne Politik", sagte sie.

Auch die Starnberger Stadt- und Kreisrätin Martina Neubauer ist "nicht so frohen Herzens ins Landratsamt gegangen". Sie war Wahlhelferin und hat in Söcking Stimmen ausgezählt. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass auch dort, "wo ich lebe und es viele Doktortitel gibt", die AfD so starken Zuspruch bekommen würde. Das sollte eine Lehre für alle demokratischen Parteien sein, "wir müssen zusammenhalten". Der massive Rassismus, die Menschenfeindlichkeit, die verbalen Ausrutscher der AfD, denen niemand Grenzen setze, müssten bekämpft werden. Wie, "darauf habe ich noch keine Antwort", darüber müsse gemeinsam geredet werden.

Bei den Vorstandswahlen änderte sich nichts. Der Tutzinger Bernd Pfitzner und die Starnbergerin Kerstin Täubner-Benicke bleiben Kreissprecher, der Wörthseer Peter Steinhöfel Kassier und Martina Neubauer, der Gautinger Jürgen Schade sowie die Kraillingerin Andrea Schulte-Krauss sind auch für die kommenden zwei Jahre Beisitzer. Eine Einschränkung machte Pfitzner jedoch. "Ich werde am 28. Januar zurücktreten", kündigte er schon mal an. Für diesen Tag rechnet er mit einer Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters in Tutzing - und dann, so hofft er, "werde ich der erste grüne Bürgermeister im Landkreis".

Aktuell hat der Grünen-Kreisverband 174 Mitglieder, berichtete Steinhöfel. Ende 2016 waren es noch 191. Die elf Neumitglieder konnten Austritte und viele Wegzüge nicht kompensieren. 12 310 Euro haben die Grünen für den Bundestagswahlkampf ausgeben. Allein für den Auftritt von Cem Özdemir im Tutzinger Festzelt fielen wegen der geforderten Sicherheitsmaßnahmen 4200 Euro an, sagte Steinhöfel.

Mit 70 Veranstaltungen in den vergangenen zwei Jahren war der Kreisverband "sehr präsent", zog Täubner-Benicke Bilanz. Auch in der neuen Amtszeit wolle man viel bewegen im Landkreis. Wichtiges Thema werde die Mobilität sein. Für die Brennpunkte in den Gemeinden sollen Strategien erarbeitet werden. Auch die Energiewende und das Zusammenleben in den Kommunen stehen auf der Agenda. Ebenfalls bezahlbare Wohnraum. Zusammen mit dem Bund Naturschutz sollen Möglichkeiten erarbeitet werden, ohne dass zu viel Boden versiegelt wird, kündigte Pfitzner an, der bereits seit zehn Jahren im Grünen-Kreisvorstand ist. "Wo gehen wir Grüne da hin?" Diese Frage müsse beantwortet werden, meinte Pfitzner.

Nach der Wahl ist vor der Wahl, und so sucht der Kreisverband jetzt Kandidaten für Landtag und Bezirkstag. Die Chance, dass der Landkreis Starnberg einen Grünen über die Liste in den neuen Landtag schicken kann, sei allerdings nicht so groß, räumte Pfitzner ein. Dazu sei der Wahlkreis einfach zu klein. Die Aufstellungsversammlung ist für Ende Januar 2018 geplant.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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