Wörthsee:Die Zukunft ist schon da

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In Wörthsee wird die neue Grundschule offiziell eingeweiht. Mit seiner Architektur und dem modernen pädagogischen Konzept ist das 15-Millionen-Euro-Projekt Vorreiter im Landkreis Starnberg

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Ein bisschen Geduld mussten die Buben und Mädchen schon haben, denn es gab viel zu sagen an diesem "Festtag". Schließlich wurde am Freitagnachmittag in Wörthsee eine Grundschule offiziell eingeweiht, die bislang einzigartig ist in Oberbayern. Unterrichtet und gelernt wird dort in sogenannten Lernlandschaften. Ein völlig neues Konzept, das Karin Doberer entwickelt hat und das Pädagogik, Architektur und Ausstattung verbindet.

Es war viel von Mut die Rede bei dieser Einweihung. Den mussten auch viele haben. Die Gemeinderäte der vergangenen Amtsperiode unter dem damaligen Bürgermeister Peter Flach, denen angesichts der 15 Millionen Euro-Investition schon auch angst und bang war. "Wir hatten zwar ordentliche Rücklagen und konnten auch mit staatlicher Förderung rechnen, aber wir würden trotzdem erhebliche Schulden machen müssen", erinnerte Bürgermeisterin Christel Muggenthal an den Beschluss für den Bau eine neuen Schule, der vor sieben Jahren fiel. Auf einer zweitägigen Klausurtagung einigten sich die Gemeinderäte zusammen mit Schulleiterin Andrea Torggler, dass sie eine "zukunftsweisende" Schule bauen wollten und entschieden sich schließlich für das Konzept Lernlandschaft.

Mut brauchten dafür auch die Lehrer und die Eltern. Ein Schulhaus für 210 Schüler mit Klassenzimmern ohne Türen? Individuelles Lernen in ruhiger Atmosphäre? Rückzugsmöglichkeiten für die Schüler? Kann das wirklich gut gehen? Es kann. Die Schule ist bereits seit einem Jahr in Betrieb, und Lehrer, Eltern und Schüler sind begeistert. Die offizielle Einweihung, bei der die Blaskapelle Wörthsee spielte, fand deshalb so spät statt, weil man damit warten wollte, bis die Außenanlagen fertig sind. Jetzt zeigt sich auch der bevorzugte Standort der Schule: vorne der Blick auf den See, dahinter der Wald als grünes Klassenzimmer.

Für die evangelische Pfarrerin Susanne Parche war es deshalb sonnenklar: Pippi Langstrumpf hätte sich, wenn sie denn zur Schule gegangen wäre, diese Schule in Wörthsee ausgesucht. Denn dort könnten die Kinder ausprobieren, was noch niemand vorher ausprobiert hat. "Seid frech, wild und wunderbar", wie es Pippi ist, rief Parche den Schülern zu.

"Sehr beeindruckt" zeigte sich der stellvertretende Landrat Tim Weidner. Wörthsee habe mit diesem Schulneubau - "das schönste Zeichen für die Zukunft einer Gemeinde" - und dem modernen Konzept eine Vorreiterrolle im Landkreis Starnberg übernommen: "Respekt vor Ihrem Mut." Auch Schulamtsleiterin Elisabeth Hirschnagl-Pöllmann fand nur lobende Worte für die neue Schule und versprach, bei ihren Besuchen immer Hausschuhe dabei zu haben. Die Klassenzimmerareale im oberen Stockwerk dürfen nämlich nicht mit Straßenschuhen betreten werden.

Nur Gutes konnten auch die Architekten vom Büro Sommersberger berichten. Ulli Sommersberger und Ulrich Köbberling waren jetzt schon zum achten Mal in der "feierlaunigen Gemeinde". Schließlich wurden auf dem 6500 Quadratmeter großen Grundstück nicht nur eine neue Schule mit Hort und Mittagsbetreuung gebaut, sondern auch eine Zweieinhalbfach-Turnhalle. Da gab es jede Menge Grundsteinlegungen, Richtfeste und Einweihungen. Auch für die Planer war eine Schule ohne Türen eine Herausforderung, vor allem wegen der Akustik. Aber dank abgehängter Decken, spezieller Wandpaneele und Teppichböden ist der Lärmpegel nicht höher als in anderen Schulen, und die Kommunikation funktioniert einwandfrei. Jetzt freuten sich die Architekten über die "fröhliche und transparente Atmosphäre" in dem Neubau. Den "Mut und die Tatkraft" der Gemeinden belohnten Planer und Projektsteuerer auf ihre Weise: Sie blieben nicht nur unter den veranschlagten Kosten, sondern wurden auch noch sechs Wochen früher fertig.

Schulleiterin Torggler blieb nur noch, danke zu sagen - dem Gemeinderat, dem Rathaus, den Planern, den Lehrern und Eltern, den ausführenden Firmen und nicht zuletzt den Nachbarn, für die der Bau auch Lärm und Dreck bedeutete. Und dann wurden die Kinder, die die Feier mit Liedern und Tänzen aufgelockert hatten, endlich für ihre Geduld belohnt. Sie bekamen alle ein Eis von der Bürgermeisterin. Und die Erwachsenen feierten weiter im neuen Augustiner am See.

© SZ vom 04.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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