Wirtschaft im Landkreis:Corona-Krise als größte Herausforderung

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Heinz Soyer beschäftigt in seinem Unternehmen für Bolzenschweißtechnik in Etterschlag 70 Menschen. Am Dienstag feiert er seinen 80. Geburtstag

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Die Firma besteht seit 50 Jahren, der Firmengründer wird 80, und verheiratet sind Heinz und Helga Soyer bald 60 Jahre. Schon ein einziges Jubiläum wäre Grund genug zum Feiern. Aber Feiern ist seine Sache nicht, lieber geht der Seniorchef immer noch jeden Tag in sein Unternehmen, die Heinz Soyer Bolzenschweißtechnik GmbH am Kreisel im Wörthseer Ortsteil Etterschlag.

Heinz Soyer ist gebürtiger Peißenberger. 1954 beginnt er eine Lehre als Maschinenbauer in der Pasinger Schweißmaschinenfabrik Peco, später kommt noch die Ausbildung zum Industriekaufmann dazu. Er bringt es bis zum Leitenden Angestellten, "aber irgendwann wollte ich lieber kleiner Herr sein statt großer Knecht", sagt er. Und er will das Schweißen besser und sicherer machen. So wird am 1. Januar 1970 in einem Garagenanbau in Planegg die Firma Soyer aus der Taufe gehoben. Mit dabei: Ehefrau Helga und zwei Mitarbeiterinnen für Buchhaltung und Produktion. Schon 1960 hatten Heinz und Helga Soyer mit dem Buben Heinz eine Familie gegründet. Weil sie gut versorgt sein sollten, suchte sich Heinz Soyer einen Nebenjob und fand ihn in der Druckerei der Süddeutschen Zeitung in der Münchner Sendlinger Straße, wo er sich nachts ein Zubrot verdiente, "ein sehr gutes", erinnert er sich.

Die erste Zeit als Firmeninhaber ohne Eigenkapital ist nicht leicht. Aber Heinz Soyer findet verständnisvolle Banker, die ihm vertrauen und ihm Kredit geben. Und er hat seine Frau Helga, die Büroarbeit und Familie managt "und mich bedingungslos begleitet hat". Schon 1974 zieht das junge Unternehmen um nach Germering, die Zahl der Mitarbeiter steigt auf 20. 1986 bauen sich die Soyers ihr eigenes Firmengebäude in Etterschlag und erweitern immer wieder. Zuletzt entstand 2010 eine Halle, in der großformatige Bolzenschweißmaschinen gebaut werden. Heute sind in Etterschlag 70 Mitarbeiter beschäftigt. Allein in Deutschland zählt Soyer 17 000 Kunden.

2019 hat Soyer die größte Fotovoltaik-Dachanlage im Landkreis in Betrieb genommen. (Foto: Privat)

Heinz Soyer brennt für sein Unternehmen - und für sein Personal. Die Fluktuation liegt quasi bei Null. Seit Jahren kommen Preise und Auszeichnungen so regelmäßig wie Weihnachten. Zertifiziert sind Qualitäts- und Umweltmanagement, Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement sowie der Herkunftsnachweis: "Made in Germany" trifft bei der Bolzenschweißfirma zu 100 Prozent zu. Qualität und Sicherheit stehen bei Heinz Soyer an erster Stelle. Staatliche Unterstützung braucht das Familienunternehmen nicht. "Seit 2009 haben wir Rücklagen gebildet", sagt der Seniorchef. "Da wurde und wird nichts privatisiert, sondern sozialisiert." Neue Maschinen konnten ohne Kredite angeschafft werden - genau wie die Solaranlage auf den Dächern der Firmengebäude, der größten ihrer Art im Landkreis. Eine halbe Million Euro investierte das Unternehmen 2019 in die Module, die 130 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen könnten.

Kurzarbeit gab es weder 2009 in der Bankenkrise noch gibt es sie jetzt in der Corona-Krise. Auch wenn der Umsatz über Nacht um die Hälfte eingebrochen sei, sagt Soyer. Diese Krise sei die größte Herausforderung in seinem 66-jährigen Arbeitsleben. "Wir werden noch länger durchhalten müssen", meint er, vielleicht noch das ganze kommende Jahr. "Aber auch das werden wir meistern", davon ist er überzeugt.

Ihm zur Seite stehen seine treuen Mitarbeiter und seine Familie: Ehefrau Helga, zuständig für Finanzen und Personal, Sohn Heinz als Geschäftsführer und Technischer Leiter, Enkel Florian als Fertigungsleiter und Tochter Ingrid im Marketing. Und da ist ja noch Urenkelin Leni, gerade mal ein Jahr alt. Vielleicht wird auch sie bald auf dem Dreirad in der Firma herumkurven, so wie es Heinz Soyer schon mit seinem Sohn und der mit seinem Sohn gehalten haben. Denn auch wenn der Senior noch jeden Tag in der Firma ist, hat er den jungen Leuten doch sehr früh Verantwortung übertragen. Er gibt seine Erfahrung weiter und versperrt sich auch Neuerungen nicht. Home-Office gab es bei der Firma Soyer vor Corona nicht. Jetzt sind die Chefs überrascht, wie gut es funktioniert.

Ein Chef, der offen ist für Neues: Heinz Soyer hat während der Corona-Krise erstmals Home-Office in seiner Firma eingeführt. (Foto: www.fotopeintner.de/oh)

Außer dem Feiern gibt es noch etwas, das Heinz Soyer gar nicht mag: Urlaub. Aber an seinem 80. Geburtstag am 1. September kommt er nicht aus: Mit seiner Frau fährt er ein paar Tage an den Chiemsee, Tochter Ingrid hat gebucht.

© SZ vom 01.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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