Weßling:Liederabend mit Schwächen

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Vormals im Opernfach zu Hause: Bariton Kurt Weikert. (Foto: Nila Thiel)

Das Trio Belcanto im Pfarrstadel Weßling

Von Reinhard Palmer, Weßling

Irgendwie machte alles den Eindruck einer Privatveranstaltung, wäre da nicht der Karten(vor)- und Getränkeverkauf in der Pause. Wer den Liederabend im Weßlinger Pfarrstadel veranstaltete, war selbst dem Programmblatt nicht zu entnehmen. Dass da gerade mal etwa 20 zahlende Zuhörer erschienen waren, dürfte an der Öffentlichkeitsarbeit gelegen haben. Aber gewiss auch daran, dass sich die stimmungsvolle Lokalität immer noch nicht als lebendiges örtliches Kulturzentrum etablieren konnte. Die emsige Arbeit des Vereins Unser Dorf e.V. hatte bisher noch keinen durchschlagenden Erfolg. So bleibt nur zu hoffen, dass sich aus dem Angebot des neuen lokalen Veranstalters Christian Meiners eine Synergie ergibt, die dem hoffentlich bald verkehrsberuhigten Ort mehr öffentlich-kulturelles Leben einhaucht.

Allerdings dürfte die Qualität des Angebots an Anspruch ruhig etwas zulegen. Gewiss, die beiden aus Nürnberg stammenden Sänger des Trio Belcanto, Gabriele Weidinger (Sopran) und Kurt Weikert (Bariton), waren auf vielen Bühnen sehr erfolgreich, Weidinger vor allem im Oratorien- und Liedfach, Weikert als Opernsänger. Doch das liegt einfach schon eine Weile zurück. Und das wiederum macht es gerade bei einem Repertoire der Romantik und Spätromantik, das einer sehr feinfühligen, sorgsam differenzierten Ausdrucksnuancierung bedarf, schwer, die Stimme innerhalb des teilweise virtuosen Gesangsparts entsprechend klangschön changieren zu lassen. Tiefe Stimmen haben es da leichter, zumal Weikert aus dem Vorteil einer guten Gesangstechnik schöpfte und auch körperlich zum lauten Aufbrausen einen ordentlichen Resonanzkörper mitbrachte. Weidinger fand ihre Stärken in den charaktervollen Mittellagen, wurde aber vor allem in den leisen Höhen klanglich matt, insbesondere zu Beginn reichlich exaltiert, bisweilen auch unsauber intoniert.

Ein Glück, dass die beiden Sänger auf eine bemerkenswert einfühlsame Pianistin bauen konnten. Elina Schumann erwies sich nicht nur als Virtuosin mit präziser Technik, sondern auch als sehr musikalische Begleiterin, die den Sängern viel Freiheit in der Gestaltung gab. So ließ der Vortrag an Homogenität nichts vermissen, wie auch der jeweilige Ausdruck gut zum Tragen kam. Vor allem bei Weikert, der reicher differenzierte, manchmal aber in seiner expressiven und extrovertierten Art den Liedgesang verließ, um ins opernhafte Rollenspiel zu wechseln.

Zu differenzieren gab es vor allem in Schumanns Liedern - vier Rückert-Lieder und Liederkreis op. 39 nach Eichendorff -reichlich, bieten sie doch eine enorme Bandbreite an Empfindungen und Stimmungen. Während sich Weidinger offenbar den lyrischen und in Leichtigkeit euphorisierenden Liedern zugetan fühlte, ließ sich Weikert auch auf Kontraste mit erregter Grundierung, aber auch mit besinnlichem oder melancholischem Duktus ein. Bei den Mörike-Liedern von Hugo Wolf gesellte sich feierliche Größe hinzu, die immer wieder zu wirkungsvoll inszenierten befreienden Steigerungen führte.

Ähnlich, allerdings entsprechend subtiler erklangen die Liszt-Lieder nach Goethe, Lenau und Freiligrath. Hier bewies das Trio Belcanto gutes Gespür für die weiten Entwicklungen und gestaltete eng aus den Texten heraus. Im letzten Wort erinnerte Weidinger mit dem bewegt fließenden "O lieb" an den Ursprung von Liszts berühmtem Liebestraum Nr. 3. Rossinis Katzenduett in der Zugabe war dann nicht nur albern, sondern nach einem Liederabend unpassend.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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