Rückbau der Hauptstraße:Das Weßlinger Dilemma

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Verkehrsberuhigung der Hauptstraße ist schwieriger und komplizierter als angenommen

Von Wolfgang Prochaska, Weßling

Es ist Montag, und eine Gruppe von Weßlinger Bürgern steht mitten auf der Hauptstraße. Autofahrer hupen und schimpfen. Die Stimmung ist gereizt. Davon lässt sich die Gruppe aber nicht beeindrucken. Es wird geratscht, es wird gelacht. Und am Ende verabredet man sich für den nächsten Montag an gleicher Stelle. So ungefähr stellt sich Gemeinderat Wolfgang Frieß (Grüne) die "Rückeroberung der Hauptstraße" in Weßling vor, wenn die Umfahrung eingeweiht ist und dennoch weiter zu viele Autos durch den Ort fahren.

Die Demo-Nummer klingt zwar radikal, zeigt aber das Dilemma, in der Weßling bald stecken könnte, sollte das Landratsamt und das Staatliche Bauamt Weilheim die von Weßling gewünschten, verkehrsberuhigenden Maßnahmen nicht vollständig akzeptieren - etwa ein Durchfahrverbot für Lastwagen über 7,5 Tonnen, eine Tempo 30-Zone oder eine signifikante Verschmälerung der Fahrbahn. Erst von diesen Auflagen versprechen sich die Weßlinger eine zusätzliche, starke Reduzierung des Verkehrs. Das angestrebte Ziel lautet ja: Die Hauptstraße soll attraktiv für die Bürger sein und nicht für die Autofahrer.

Gemeinderat Roland von Rebay (CSU), der den erfolgreichen Bürgerentscheid für den Bau der Umfahrung mitinitiiert hat, gab Bürgermeister Michael Muther per E-Mail schon einmal Tipps, wie er doch noch eine Verkehrsberuhigung durchsetzen könnte. Darin heißt es: "Tempo 30-Zone ist vorerst nicht umsetzbar. Begründbar ist abschnittsweise eine Tempo 30-Beschränkung." Wichtig sei eine hohe Fußgängerfrequenz an neuralgischer Stelle. Eine Rechts-vor-Links-Regelung in der Hauptstraße hält Rebay "voraussichtlich nicht durchsetzbar". Er rät Muther, diesen Punkt beim Gespräch im Landratsamt, das für den 25. April vorgesehen ist, hintan zu stellen. Rebay setzt auf provisorische Maßnahmen, wie etwa Schrägparkplätze und kleine Verkehrsinseln mitten in der Fahrbahn. Vorbild ist die Hanfelder Straße in Starnberg mit ihren schnell errichteten, kleinen Verkehrsinseln.

In der jüngsten Sitzung des Gremiums am Dienstag wurde auf Antrag von Rebays noch einmal über die Verkehrsberuhigung diskutiert. Nicht alle im Gremium zeigten sich über seine Vorschläge angetan. Petra Slawisch (Grüne) war gar enttäuscht: "Es darf keine Klein-Klein-Lösungen mit Provisorien geben." Sie erwarte sich schon was Großes. Umstritten ist auch, welche Forderungen man an das Straßenbauamt stellen soll, wenn die Straße herabgestuft wird und der Gemeinde gehört. Die Frage lautet: Soll das Straßenbauamt die Hauptstraße vorher sanieren und dann übergeben oder will die Gemeinde lieber eine Entschädigung für die sanierungsbedürftige Ortsdurchfahrt haben? Thomas Ostermair (Freie Wähler) verlangte explizit eine Sanierung. Frieß, der sich in Weßling stark für den Radverkehr einsetzt, sprach sich gegen eine solche aus. Sein Argument: Eine gut ausgebaute Hauptstraße könnte viele Autofahrer dazu verleiten, wieder durch den Ort zu fahren. Man hatte während der Diskussion den Eindruck, dass man sich überhaupt nicht einig war. Günther Wieczorek (SPD) schlug daher eine Sondersitzung im Mai vor und einen Arbeitskreis, der die wichtigen Punkte "zusammenführen" soll. Denn so manchem Gemeinderat schwant inzwischen, dass die Umfahrung schneller fertig sein wird als der Rückbau der Hauptstraße. "Wir müssen schnell handeln", meinte Claus Angerbauer (SPD) angesichts des Zeitdrucks. Auf jeden Fall will Weßling "groß aufgestellt" mit einer Delegation ins Gespräch mit der Kreisbehörde gehen.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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