Weßling:Angerbauer bleibt Inklusionsberater

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Gemeinderat und Gitarrist: Der erblindete Claus Angerbauer bleibt Inklusionsberater in Weßling. (Foto: Georgine Treybal)

Der blinde SPD-Gemeinderat will sich für Barrierefreiheit einsetzen

Von Patrizia Steipe, Weßling

Seitdem vor zwei Jahren der Posten eines Inklusionsberaters in der Gemeinde Weßling eingeführt wurde, berät Claus Angerbauer (SPD) Bürger, Gemeindeverwaltungen und Gemeinderäte. In der vergangenen Sitzung bestätigten die Gemeinderäte den blinden Kommunalpolitiker für weitere sechs Jahre in diesem Amt.

Angerbauer, der seit 2008 im Ratsgremium sitzt, ist dieses Amt wichtig. "Wegen der immer älter werdenden Bevölkerung wird der Anteil von Menschen mit Behinderung in der nächsten Dekade mit Sicherheit rasant ansteigen", prognostiziert der Inklusionsbeauftragte. In Weßling lebten etwa 490 Personen mit eingetragener Behinderung, das entspreche 8,9 Prozent der Gesamtbevölkerung. 312 davon gelten als "schwerbehindert". Dabei haben 96,2 Prozent ihre Behinderung durch eine Erkrankung erworben, weiß Angerbauer. Er ist einer davon. Seit rund 30 Jahren ist der Musiker blind. Seinen Lebensmut hat der 63-Jährige deshalb aber nie verloren: Er tourt mit Gitarre in wechselnden Bands, darunter die Bürgermeisterband Doktor SchiWaGu, durch die Gemeinden. Zudem ist er in vielen Projekten engagiert. Als er 2008 in den Gemeinderat gewählt wurde, habe er anfangs gezweifelt, ob das funktioniere, erinnert sich Angerbauer. Der damalige Bürgermeister Michael Muther habe ihm zugeredet und versprochen, alles vorzulesen. Das sei aber nicht nötig gewesen, längst gibt es dafür spezielle Hilfsmittel.

In den Sitzungen meldet er sich häufig kritisch zu Wort und stellt dabei sein Gedächtnis unter Beweis, denn schnell in die Akten schauen geht nicht. Seine Behinderung nimmt er mit Humor. Wenn es beispielsweise um Schandflecken in der Gemeinde geht, kann es vorkommen, dass der SPD-Gemeinderat mit "mich stört's nicht, ich sehe es sowieso nicht" kontert. Wenn es aber um Belange der Behinderten geht, gibt es für Angerbauer keine Kompromisse: Menschen mit physischem oder psychischem Handicap sollen alle Möglichkeiten zur vollständigen Integration und Inklusion geboten bekommen.

Angerbauer hat sich erfolgreich für den Aktionsplan barrierefreier Landkreis eingesetzt, 2017 wurde das Papier verabschiedet. Darin wurden Anforderungen der Gemeinden etwa beim barrierefreien Bauen, bei der Mobilität, der Bildung oder Teilhabe an gesellschaftlichen Leben benannt. Damit dies auch umgesetzt wird, dafür will sich Angerbauer als Weßlings Inklusionsbeauftragter einsetzen.

© SZ vom 12.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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