Weßling:Absehbarer Auffahrunfall

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25-Jähriger soll willentlich Schaden von 20 000 Euro verursacht haben

Von Armin Greune, Weßling

Wohl täglich tragen Autofahrer im Land ähnliche Auseinandersetzungen am Steuer aus: Da wird der "Gegner" durch dichtes Auffahren bedrängt, geschnitten oder ausgebremst. Was nun vor dem Schöffengericht in Starnberg verhandelt wird, sprengt dennoch den Rahmen des Alltäglichen: Am Ende des Konflikts kam es zu einem Auffahrunfall, bei dem 20 000 Euro Sachschaden entstand und ein 15-Jähriger leicht verletzt wurde.

Ein 25-Jähriger aus Egmating (Landkreis Ebersberg) muss sich daher unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Körperverletzung verantworten. Sein Kontrahent, ein 56-jähriger Weßlinger, schildert den Vorfall so: Schon als er auf der Heimfahrt mit seinem Kastenwagen von der Autobahn abbog, sei ihm der BMW des späteren Unfallgegners aufgefallen, der "15 Sekunden vor der grünen Ampel gestanden ist". Als er dann links an ihm vorbeifahren wollte, habe der andere Fahrer plötzlich beschleunigt. Um dem die Vorfahrt zu lassen, musste er von Tempo 70 auf 30 abbremsen, sagt der Weßlinger. Obwohl er weder mit Hupen oder Gesten reagierte, habe ihn der BMW-Fahrer auf der Weiterfahrt mehrfach ausgebremst und wieder beschleunigt. In Weßling habe der 25-Jährige ganz angehalten - was ihn dann doch zum Dauerhupen veranlasste, weil der BMW mitten auf der Straße stand.

Darauf sei der Andere vier Mal angefahren, um immer wieder zu stoppen, wenn er mit dem Kleinbus aufgeschlossen hatte, beim fünften derartigen Manöver kam es dann zum Aufprall. Er habe diesmal zuvor keine Bremslichter aufleuchten gesehen: "Ich möchte ihm fast unterstellen, nur die Handbremse gezogen zu haben." So weit die Version des 56-Jährigen, die vom mitfahrenden Sohn bestätigt wird, der beim Unfall blaue Flecken am Knie davontrug. Doch auch ein unbeteiligter Zeuge gibt an, vier Brems- und Beschleunigungsmanöver beobachtet zu haben: "Ich hab' gedacht, lange dauert's nicht, bis es scheppert", sagt der 63-Jährige. Ihm fiel allerdings auch auf, dass der Transporter eng am Vordermann klebte und vor der Kollision bis auf drei Meter aufgefahren war.

Der Angeklagte - und selbstverständlich auch seine Frau, die auf dem Beifahrersitz saß - behauptet, er sei vom dicht auffahrenden Weßlinger eingeschüchtert gewesen: "Ich fühlte mich bedrängt und wollte mich der Situation entziehen." Darum habe er bei der ersten Gelegenheit in Weßling angehalten, um den Anderen vorbeifahren zu lassen, was auch problemlos möglich gewesen wäre. Als alle Zeugen vernommen sind, sieht der Verteidiger offenbar in diesem Fall die Felle seines Mandanten davonschwimmen: Er beantragt, einen Gutachter hinzuziehen. Der soll beweisen, dass die Aussagen des Weßlingers technisch gar nicht möglich wären - wie etwa vier Beschleunigungs- und Abbremsvorgänge auf nur 140 Metern Strecke. Richterin Brigitte Braun gibt dem Antrag statt und das Gericht muss den Prozess auf vorerst unbestimmte Zeit aussetzen: Der Angeklagte geht jetzt mit seiner Frau erst mal in Flitterwochen.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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