Wasserschutzzone in Gilching:Giftstoffe in alter Kiesgrube entdeckt

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Die Alarmglocken in Gilching schrillen: Bei Probebohrungen für die Wasserschutzzone in Gilching findet eine Firma verseuchtes Erdreich.

C. Deussing und W. Prochaska

Seit Jahrzehnten befinden sich Giftstoffe in einer verfüllten, ein Hektar großen Kiesgrube bei St. Gilgen in der Gemeinde Gilching. Die Entdeckung machten Bodengutachter der Firma Roos Geo Consult bei Probebohrungen, die auf einem Areal stattfanden, das die Kommune eigentlich als Wasserschutzzone III b für ihren Trinkwasserbrunnen IV ausweisen will. Erste Ergebnisse zeigen die Brisanz der Entdeckung.

Denn im Erdreich befinden sich schwermetallhaltige Stoffe, vermischt mit Bauschutt. In der Grube waren bis Ende der siebziger Jahre Hausmüll mit Benzolen und offenbar auch Autowracks mit Batterien und Altöl entsorgt worden. Ob diese Aktionen der Kiesgrubenbesitzer seinerzeit illegal zugelassen hat, müssen die Behörden derzeit noch prüfen. Diese untersuchen nach SZ-Informationen zudem in Kürze auch Flächen auf dem Sonderflughafen Oberpfaffenhofen. Dort vermuten die Experten alte unterirdische Tanks, die das Erdreich vergiften könnten.

Es gebe konkrete Hinweise auf Lösungsmittel und organische Schadstoffe, die sich in der ehemaligen Kiesgrube bei St. Gilgen befinden, sagte auf Anfrage Richard Kunkel, zuständig für Altlasten beim Wasserwirtschaftsamt Weilheim. Es sei sehr wahrscheinlich, dass zum Beispiel quecksilberhaltige Kofferradio-Batterien oder Neonröhren, Farbstoffe, Lampentrafos mit PCB und Holzschutzmittel in der Grube gelandet sind. Es bestehe die Gefahr, dass Giftstoffe aus der Deponie herausgeströmt sind und das Grundwasser gefährden, so Kunkel. Um die Risiken abzuschätzen, müssen nun Detailuntersuchungen auf dem Gelände erfolgen. Denn bei den zunächst orientierenden Erkundungen hatten die Geologen nur viereinhalb Meter tief gebohrt - die Kiesgrube ist aber bis zu 15 Meter tief.

"Jetzt hat uns die Vergangenheit eingeholt", sagte Gilchings Bürgermeister Manfred Walter (SPD) am Mittwoch der SZ. Früher, als der Umweltschutz noch kein Thema gewesen sei, hätte "in den Gemeinden jeder seinen Müll in Gruben geworfen". Im aktuellen Fall müsse nun das Landratsamt Starnberg entscheiden, was der private Eigentümer der betroffenen Fläche zu tun habe. Die Gemeinde übernehme lediglich die Kosten des erfolgten "Verdacht-Screenings", ergänzt der Rathauschef.

Für den Grundbesitzer können sich die geplanten Baggerarbeiten noch zum Desaster entwickeln. Denn die Entsorgung einer Tonne kontaminierten Erdreichs kostet 150 Euro, so das Wasserwirtschaftsamt. Aber auch die komplette Sanierung und Absicherung dürfte teuer werden.

Das verseuchte Erdreich in Gilching dürfte das Misstrauen in der Nachbargemeinde Weßling weiter schüren. Der Gemeinderat hat sich gegen eine Erweiterung der Kiesabbauflächen in der Gemeinderatssitzung am Dienstag bei der Diskussion über die Fortschreibung des Regionalplans ausgesprochen.

Die Weßlinger befürchten eine Gefährdung des Trinkwassers und die weitere Zerstörung des Grünzugs. Sie fordern deshalb ein Raumordnungsverfahren für das gesamte Areal, was praktisch die Behörden zwingen würde, eine Abwägung zwischen Wasserschutz und Kiesabbau vorzunehmen. Dies sei im Regionalplan noch nicht geschehen und offen, meinte Bauamtsleiterin Ute Brandsch.

© SZ vom 30.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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