Utting:Ein Elfentraum

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Die Seebühne verzichtet in ihrer 20. Inszenierung völlig auf Aufbauten. Um so besser kommen die fantasievollen Kostüme und das schauspielerische Können des Ensembles zur Geltung

Von Ute Pröttel, Utting

Die Gestade des Ammersees sind im Jahr 20 der Seebühne Kulisse genug. Sogar eine Parkbank hat Regisseur Florian Münzer nach der Generalprobe noch verbannt. Als Bühnenbild nutzt der Regisseur was das Ufer zu bieten hat: Ein Stück grüne Wiese, den Kiesweg und den See. Eingerahmt wird der Blick von zwei prächtigen Weiden. Ansonsten schweift er ungestört über das schimmernde Wasser, hinüber zum Kloster Andechs. Ganz rechts erhebt sich dunkelblau im Abendlicht die Silhouette der Alpen. Allein diese Szenerie stimmt froh - und den wenigsten Zuschauer fällt auf, dass außer der Sitztribüne erst mal nichts auf ein Theaterstück hindeutet.

Zum Jubiläum gibt die Seebühne Utting einen Klassiker, Shakespeares Komödie "Ein Sommernachtstraum". Bereits 2002 hatte sich das Ensemble an dieses Stück gewagt, der schrecklich verregnete Sommer führte damals aber dazu, dass sechs von zwölf geplanten Vorstellungen abgesagt wurden. "Mittlerweile haben wir die Aufführungstermine auf zwanzig erhöht", erklärt Münzer: "Bis zu fünf Absagen können wir da ganz gut verkraften." In dieser Saison hatte die Seebühne bislang Glück: "Zur Premiere am vergangenen Freitag regnete es bis Punkt acht", berichtet Münzer, "dann haben wir die Tribüne trocken gewischt und gespielt."

Das Volk huldigt seiner Königin: Birgit Quirchmayer spielt die Titania in der Uttinger Version von Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". (Foto: Georgine Treybal)

Und wie sie spielen: frisch und spritzig. Besonders der zwölfjährige Luis Graf als umtriebiger Kobold Puck ist ein Glücksgriff. Als Elfenkönig Oberon (Werner Högel) in Mundart feststellen muss, dass bei der Verzauberung der Liebenden Demetrius und Lysander eine fatale Verwechslung stattfand - "Puck, mir scheint, da hast an Wurm nei bracht" - läuft Graf zu Bestform auf. In grünen Kunstpelz-Bermudas und mit roter Strubbelfrisur flitzt Puck über den Kiesweg, dass es nur so staubt und bringt den Fehler wieder in Ordnung. Routiniert überspielt er, als er sich einmal verschluckt, die Sympathien der 300 Zuschauer hat er längst auf seiner Seite. Ebenso wie Gerhard Deininger, der als Weber Zettel, verwunschener Esel und Pyramus jede Pointe augenzwinkernd rüberbringt.

Nach 20 Jahren weiß Münzer, was seine Schauspieler können. Für die Hauptrollen der Liebenden vertraut er auf Profis: Hermia und Lysander werden von Lisa Bales und Ruben Hagspiel verkörpert; Demetrius und Helena spielen Ferdinand Ascher und Olivia Czwarno, die im hellblauen Kostümchen mit roten Kirschen zum Anbeißen wirkt und auf Plateau-Sandaletten bewundernswert sicher über den Kiesweg stöckelt. Das Königspaar der Elfen stellen die "Tatwort"-Ensemblemitglieder Högel und Birgit Quirchmayr dar. Gerade ihre Interaktion mit den engagierten Laienschauspielern machen den Charme dieser Freilichtinszenierung aus. Dagmar Herfort spricht die Hippolyta mit französischem Akzent, Wilfried Müller den Egeus mit bayerischem Tonfall. Es ist nachvollziehbar, dass Regisseur Münzer bei so einem wunderbaren Ensemble auf jegliche ablenkenden Aufbauten verzichtet. Die Kostüme sind ohnehin Hingucker genug: die Schuhe von Oberon eine Show, sein Tarnumhang zweckmäßig und der phantasievolle Putz von Elfenkönigin Titania mit ihren Overkneestiefeln sexy und verspielt.

Motorisiertes Herrscherpaar: Hippolyta (Dagmar Herfort) und Theseus (Holger Schmidt-Lutz) fahren standesgemäß zum Auftritt vor. (Foto: Georgine Treybal)

In der Pause färbt sich der Himmel über dem See in den kitschigsten Elfenlandfarben rosa, hellblau, violett. Zum Stück im Stück, das die Handwerker um Zettel zu Ehren der Vermählung von Theseus und Hippolyta geben, hat es sich dramatisch verdunkelt und stürmische Böen fegen über das Ufer. Gespielt wird "Pyramus et Thisbe" und wie es sich für klassische Dramen gehört, agiert in der Rolle der Thisbe ein Mann: Hans Borkholder. Und auch das gelingt an diesem Abend ganz großartig.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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