Kühne Architektur in Utting:Der mutigste Plan gewinnt

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Aus 14 Wettbewerbsbeiträgen für das Wohnquartier auf dem Schmucker-Areal wählt die Jury einstimmig einen Entwurf mit versetzten Pultdächern aus. Der architektonisch eher wertkonservative Ort soll mit einer "Perlenkette" ein avantgardistisches Schmuckstück erhalten

Von Armin Greune, Utting

Selbst die Jury hatte zunächst mit so viel eigener Courage nicht gerechnet: Im Wettbewerb für die künftige Bebauung des Schmucker-Areals siegte am Ende ausgerechnet der Entwurf, der sich am weitesten von der im Ort üblichen Bebauung absetzt. Der Entwurf der Münchner Planerbüros "wwa wöhr heugenhauser" und "LUZ Landschaftsarchitekten" weist mit versetzten Pultdächern eine für Utting geradezu avantgardistische Formensprache auf. Anfangs schien dieser Beitrag den Jurymitgliedern noch zu gewagt: Bürgermeister Josef Lutzenberger etwa sagte am Donnerstagabend in der Bürgerversammlung, er habe die wwa-Arbeit zuerst aussortieren wollen, weil er sie für "zu unruhig" hielt. Doch nach zwölf Stunden fällte die Jury ein einstimmiges Urteil: alle sechs Fachpreisrichter (Architekten) und fünf Sachpreisrichter (Gemeinderäte) votierten für die Pläne, deren "expressive Dachlandschaft kontrovers diskutiert" wurde, wie im Sitzungsprotokoll nachzulesen ist.

Bei der Präsentation aller eingegangenen Wettbewerbsbeiträge am Donnerstagnachmittag erklärte der Juryvorsitzende Johannes Ernst, der wwa-Beitrag habe schließlich durch "die poetische Leichtigkeit fasziniert". So könne "aus dem Schmucker-Areal ein echtes Schmuckstück" werden, das auch als Sehenswürdigkeit von Utting tauge; wwa sehen eine "Perlenkette" aus sechs unterschiedlichen Segmenten vor: "Die individuelle Adressbildung war uns wichtig", erläuterte Gerold Heugenhauser. Die einzelnen Häuser unterscheiden sich durch das Fassadenmaterial, differenzierte Höhen und Längen; das konsequente Versetzen benachbarter Baukörper resultiere in einer optimalen Beleuchtung der einzelnen Wohnungen. Die Planer schlagen einen Massivholzbau vor. Wie Ernst ergänzte, sei der Entwurf technisch einfach zu realisieren, deshalb hätte auch die für die Vergabe der Fördermittel verantwortliche Regierung von Oberbayern in der Jury zugestimmt.

Ihr überraschend mutiges Urteil hat wohl auch Wolf-Eckhardt Lüps verblüfft. Der renommierte Uttinger Architekt hat ja viele markante Bauten wie etwa sein eigenes Atelier in Schondorf kreiert. Für die wertkonservative Heimatgemeinde - die sich mit einer Ortsgestaltungssatzung gegen Auswüchse moderner Architektur gewappnet hat - aber wählte Lüps einen recht zahmen, dörflich orientierten Entwurf. Der Jury freilich "erschien die Ansicht etwas zu banal", wie Ernst sagte und vergab dafür nur einen Anerkennungspreis. Lüps erwies sich als guter Verlierer und lobte die "sehr schöne Arbeit" der Wettbewerbssieger. Er konnte sich damit trösten, dass es für den vierten Platz 9000 Euro Preisgeld gibt, die beiden Drittplatzierten erhalten jeweils 16 500 Euro, wwa würden mit 33 000 Euro belohnt, falls ihr Entwurf nicht realisiert wird. Die Preisgelder deckten kaum den Arbeitsaufwand der Architekten, Lutzenberger schätzte die Manpower der in der Turnhalle versammelten Arbeiten auf 200 000 Euro.

Im nicht offenen Wettbewerb waren nur Planer zugelassen, die bereits Objekte mit mehr als zehn Millionen Euro Bauvolumen realisiert haben. Um in die engere Wahl zu kommen, spielte auch Glück eine wichtige Rolle: Unter 42 Bewerbern, die bei der Vorauswahl alle Höchstpunktzahl erhielten, wurden 14 per Los ausgewählt, die mit sechs gesetzten Architekten - darunter Lüps und sein Schondorfer Kollege Helge von Meier - zur Finalrunde eingeladen wurden. Schließlich wurden statt 20 doch nur 14 anonymisierte Arbeiten eingereicht. Die Ausstellung der Skizzen und Modelle in der Uttinger Schulsporthalle am Schulweg 2 ist bis zum 15. Dezember täglich von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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