Unterbrunn:Schlüpfrig, derb und deftig

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Eingespieltes Duo: Folksänger Erik Berthold und Erika Schalper auf den Spuren von Georg Queri. (Foto: Georgine Treybal)

Erika Schalper liest Texte von Georg Queri, Erik Berthold macht Folkmusik dazu

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Unterbrunn

Die Geschichten des Starnberger Volksschriftstellers Georg Queri sind bekannt für ihr deftiges Vokabular und ihre Bauernerotik. Im Jahr 1912 wurde ihm für sein Buch "Kraftbayerisch" sogar ein Sittlichkeitsprozess gemacht. Heute schockieren seine Gstanzln niemanden mehr, allerdings werden sie noch immer als sexistisch und frauenfeindlich eingestuft. Die Künstlerin Erika Schalper hat den in Frieding geborenen und in Starnberg beigesetzten Heimatdichter zum Thema für ihre Mundart-Lesung "Queri goes Amerika" gemacht. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung am Samstag im Gasthof Böck in Unterbrunn von dem Folksänger Erik Berthold.

Das Schaffen von Georg Queri war facettenreich. Er war Schriftsteller, Kriegsberichterstatter, Redakteur und Journalist bei großen Münchner Zeitungen, aber auch beim Land- und Seeboten in Starnberg. Er schrieb für den Simplicissimus und für die deutschsprachige New Yorker Staatszeitung, aber nur für kurze Zeit. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten war offenbar nichts für Queri, er kam schon nach zwei Monaten wieder zurück nach Starnberg. Die Verbindung, die das Künstlerduo also zu Amerika herstellt, ist höchst ungewöhnlich. "Berthold macht Volksmusik auf Amerikanisch", erklärte Schalper die Kombination, und das passe sehr gut. Vor dem Hintergrund, dass Bob Dylan kürzlich den Literaturnobelpreis bekommen hat, hat Berthold den Abend dem amerikanischen Sänger gewidmet. Eine Verbindung könnte daher auch über die Literatur hergestellt werden, wenngleich Queris Texte nichts von der Poesie eines Bob Dylan haben.

Queris Sprache ist so schlüpfrig, derb und deftig, dass sich Schalper immer wieder entschuldigt: "Ich lese bloß vor, es ist nicht von mir." Doch kaum ein Schriftsteller konnte den Alltag der kleinen Leute derart treffend beschreiben, wie Georg Queri. Zudem war er nicht nur Heimatdichter, sondern auch ein kritischer Geist und eine äußerst vielschichtige Persönlichkeit. Queri, der in dem Gasthaus in Frieding geboren ist, das seinen Namen trägt, wollte eigentlich Volksschullehrer werden. Seine Schulkarriere - ein Lehrer beurteilt ihn als "rascher Wurstler" - wurde jedoch mehrmals unterbrochen. Denn als 13-Jähriger hatte er einen Unfall beim Schulturnen und zerschmetterte sich seinen Hüftknochen. Er wurde fünf Mal operiert und hatte mit der Verletzung sein Leben lang zu tun, bis er noch sehr jung mit 40 Jahren starb.

Queris Lebenslauf hatte Höhen und Tiefen, doch es gab viele Menschen, die ihn unterstützten, wie etwa sein Schriftsteller-Kollege Ludwig Ganghofer. Dieser schrieb sogar ein Gutachten für Queris Sittlichkeitsprozess. Darin bezeichnete er das Buch "Kraftbayerisch" als wichtige folkloristische Aufklärungsarbeit von höchst wissenschaftlicher Bedeutung, das ohnehin nur für Fachleute bestimmt sei. Queri gewann übrigens den Prozess.

Schalper präsentierte die Mundartdichtung mit so viel komödiantischem Talent, dass die rund 50 Besucher nicht genug davon bekommen konnten und am Ende eine Zugabe verlangten. Berthold spannte dazu einen weiten musikalischen Bogen von Bob Dylan über John Lennon und Johnny Cash bis zu Peter Cornelius. Es sei ihm ein großes Anliegen, die Wirtshauskultur zu unterstützen, sagte er und sprach dafür den Wirten Erika und Klaus Kühl großes Lob aus.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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