Hochwasserschutz:Vom Bächlein zum reißenden Strom

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Das Weilheimer Wasserwirtschaftsamt ermittelt Überschwemmungsgebiete entlang des Lüßbachs. Das hat Konsequenzen für Anwohner und Bauwillige.

Von Sabine Bader, Berg

Die Berger Bürger kennen die Hochwassergefahren, die vom Lüßbach ausgehen, ganz genau. Denn das Gewässer gilt als besonders tückisch, weil es sich bei starken Regenfällen nicht nur besonders schnell vom friedlichen Bächlein zum reißenden Strom mausern kann, sondern weil es auch mitten durch eine Reihe von Ortschaften fließt: durch Höhenrain, Bachhausen, Farchach und Percha, wo der Lüßbach schließlich in den Starnberger See mündet. Kein Wunder also, dass sich viele Bürger noch an das Jahr 1975 erinnern, als am 4. Juli ein besonders starkes Unwetter niederging, in dessen Fluten ein Mensch ertrank. Der Schock saß damals tief.

Seit 2006 gibt es zwar zwei Staudämme südlich des Berger Ortsteils Höhenrain. Die Flutbecken, damals für 1,3 Millionen Euro errichtet, halten aber nur einen Teil der potenziell möglichen Wassermenge fern. Deshalb sind die nördlich gelegenen Orte weiterhin in Gefahr. Darum hat das Wasserwirtschaftsamt Weilheim jetzt entlang des Bachlaufs auf fast 13 Kilometern Länge Überschwemmungsgebiete ermittelt und vorläufig gesichert. Grundlage dafür ist ein 100-jähriges Hochwasser - sprich ein Ereignis, das statistisch gesehen alle 100 Jahre einmal vorkommt.

Seit Anfang Februar sind diese Gebiete im Amtsblatt veröffentlicht, die für die Bürger, die entlang des Bachlaufs wohnen, weitreichende Konsequenzen haben, wie Bergs Rathauschef Rupert Steigenberger am Dienstagabend im Gemeinderat erläuterte. So ist es im normalen Fall untersagt, in Überschwemmungsbereichen neue Baugebiete auszuweisen. Auch Mauern, Wälle oder Ablagerungen, die den Wasserabfluss behindern, sind ebenso verboten, wie die Lagerung wassergefährdender Stoffe und der Bau neuer Heizöltanks. "Als Bürgermeister muss ich die Ausweisung der Überschwemmungsgebiete für gut heißen, denn sie dienen dem Schutz der Bürger", sagte Steigenberger am Mittwoch zur SZ. Und statt des neuen Heizöltanks auf andere Wärmequellen zurückzugreifen, sei ebenfalls sinnvoll. Es sei schließlich auch nicht zu übersehen, dass Starkregenereignisse und Unwetter auf Grund des Klimawandels zunähmen. Man erinnere sich nur an den starken Hagel vom vergangenen Jahr, der viele Gullys verstopft habe.

Gleichwohl glaubt Rathauschef Steigenberger, dass etliche Privatbesitzer von Bauten in Höhenrain, Bachhausen und vor allem auch Farchach, wo der Bachlauf direkt durch die Ortsmitte mit ihren alten Bauernhöfen fließt, nicht unbedingt begeistert sein werden von den neuen Gebieten. "Da bleibt Ärger nicht aus", glaubt der Bürgermeister. Allerdings habe die Gemeinde jetzt eine Handhabe, um Maßnahmen einzufordern.

Das tröstete Starnbergs Stadträte, deren Ortsteil Percha direkt im Mündungsbereich des Lüßbachs liegt, kaum. Von einem "quasi Bauverbot" und einem "massiven Eingriff ins private Eigentum" war dort ebenso die Rede wie von "Wertverlust". Und weil über die neuen Überschwemmungsgebiete im Landkreis und ihre Folge in den kommenden Monaten in vielen Gremien gesprochen wird, berieten die Bürgermeister an diesem Mittwoch auch in ihrer Dienstbesprechung über das Thema.

© SZ vom 03.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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