Neue Unterkünfte:Zelte auf altem Volksfestplatz

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Landkreis errichtet im September für 128 Flüchtlinge neue provisorische Unterkünfte für zwei Jahre

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Tutzing

Bis Anfang September muss die Gemeinde Tutzing für die Aufnahme von 128 Asylbewerbern gerüstet sein. Bürgermeister Rudolf Krug unterbrach seinen Urlaub und lud die Bürger kurzfristig zu einer Infoveranstaltung in die Rathaustenne ein. Er wolle schnellstmöglich informieren, bevor es zu Unstimmigkeiten komme, sagte er. Diese Herausforderung stelle einen großen Anspruch an die Toleranz der Bürger. Wie sehr die Thematik den Bürgern unter den Nägeln brennt, zeigte der große Andrang von rund 200 Besuchern, die zum Teil mit Stehplätzen vorlieb nehmen mussten. Dennoch war die Stimmung gut, es gab keine negativen Statements. Mitglieder des Helferkreises stellten lediglich fest, dass sie den großen Andrang alleine nicht mehr stemmen können und baten um Unterstützung.

Derzeit leben 108 Flüchtlinge in Tutzing. Die 128 neuen Asylbewerber sollen in Zelten auf dem Volksfestplatz untergebracht werden. Was zunächst als Zwischenlösung für drei Monate gedacht war, soll nun aber bis zu zwei Jahre dauern. Dies rief Irritationen zwischen Rathaus und Landratsamt hervor. Vor der Veranstaltung hatte sich Krug deshalb zu einer Krisensitzung mit Landrat Karl Roth getroffen. Roth warb um Verständnis. "Mir bleibt keine andere Wahl im Moment", sagte er.

Wie er erläuterte, war es zu dem Missverständnis gekommen, weil die kurzfristige Lösung für die Turnhalle gedacht war. Zelt- oder Containerlösungen indes seien nur wirtschaftlich, wenn sie ein bis zwei Jahre betrieben werden. Die Problematik wird nach seinen Angaben dadurch verschärft, dass Container in ganz Europa vergriffen seien und mit der ersten Lieferung erst im November zu rechnen sei. Ein weiteres Problem ist der starke Anstieg der Flüchtlingszahlen. Während noch vor wenigen Wochen zehn bis zwölf Asylbewerber pro Woche in den Landkreis kamen, rechne man künftig mit wöchentlich 45 Personen. Bis zum Jahresende werden 1800 Flüchtlinge im Landkreis erwartet. Mit der Zeltlösung könne man die Anforderungen erfüllen, so Roth. Probleme erwartet er aber, wenn rund die Hälfte der Asylbewerber anerkannt werde und dann Wohnungen benötige. Wie er erläuterte, ist für den Wohnungsbau für Flüchtlinge keine Bauleitplanung erforderlich, was die Problematik erleichtere. Allerdings werde die Solidarität aller benötigt.

Für die Unterkunft am Volksfestplatz sollen ein 24-Stunden-Sicherheitsdienst, eine Reinigungskraft sowie ein Hallenmanager zur Verfügung stehen, versprach Roth. Einen Cateringbetrieb indes wird es nicht geben. Roth: "Die Leute sollen kochen, damit sie einen Tagesablauf haben." Die beiden Tutzinger Pfarrer Peter Brummer und Ulrike Wilhelm appellierten an die Bürger, das Gespräch mit den Flüchtlingen zu suchen. Die Besucher hatten lediglich praktische Fragen, beispielsweise wie viele Toiletten und Waschmaschinen geplant sind. Als weitere Unterkunftsmöglichkeit wurde das Bundeswehrgelände in Feldafing vorgeschlagen und der Andechser Hof. "Man muss es doch schaffen, an die christliche Nächstenliebe im Kloster zu appellieren", sagte eine Bürgerin mit Blick auf das Kloster Andechs als Eigentümer des Gasthofes. Der Betreiber des Minigolfplatzes neben dem alten Volksfestplatz meldete sich, weil er um seine Existenz fürchtet. Die Kirchen könnten Eintrittskarten kaufen und mit den Flüchtlingen ein Begegnungsturnier veranstalten, schlug Pfarrerin Wilhelm unter großem Beifall vor.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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