Tutzing:Zank um Luxussuiten

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Der Rechnungsprüfungsausschuss der Gemeinde Tutzing geht der Frage nach, ob Fritz Häring, Wirt im Midgardhaus, Wohnungen über dem Lokal teuer vermieten darf. Der Gastronom weist die Vorwürfe zurück.

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Fritz Häring ist ein umtriebiger Gastronom. Bei ihm im Tutzinger Midgardhaus direkt am Seeufer kehrt die Prominenz ein, und wer nicht bis drei aus seinem Lokal draußen ist, wird mit dem Restaurant-Chef abgelichtet. Angela Merkel steht etwas verdattert neben ihm, der Eichinger Bernd war da, Heinz Rühmann, Phil Collins, Oskar Lafontaine, Gloria von Thurn und Taxis. Die Fotos heftet der Chef an die Wände, bis hinab zum Klo. Klar, er kann auch mächtig was zaubern in der Küche, der gelernte Konditor und Feinbäcker aus Niederbayern. Anfang der 1990er Jahre hat er sich einen Michelin-Stern erkocht. Häring ist als TV-Koch bekannt, der mit bayerischen Größen in Kochtöpfen rührt. In Tutzing selbst ist der Mann mit den langen Haaren, die er auch mit 63 lässig trägt, für die einen ein Exot. Andere nicken anerkennend, weil er 2014 den lange verwaisten Guggerhof an der Hauptstraße gekauft und hergerichtet hat. Darüber freut man sich auch im Rathaus. Der Guggerhof durfte im Sommer wieder als schmucke Kulisse für das Historienspiel der Fischerhochzeit dienen. Und Häring spielte mit, natürlich in seiner Paraderolle als Wirt.

Fritz Häring, Wirt im Tutzinger Midgardhaus, hat Ärger. (Foto: Arlet Ulfers)

Doch das Wohlwollen ist gerade ein wenig erschüttert. Häring könnte es als Pächter des Midgardhauses - 1986 übernahm er in Erbpacht die einst gräfliche Sommerresidenz aus dem Jahr 1853 und möbelte die verwahrloste Villa als Lokal wieder auf - mit seiner Geschäftstüchtigkeit übertrieben haben. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderates fordert in seinem gerade öffentlich vorgelegten Bericht für das Jahr 2015 die Rathausverwaltung auf, zu prüfen, ob Häring im Midgardhaus seine vertraglichen Verpflichtungen einhält. "Wir haben den Eindruck, dass Wohnungen, die für Mitarbeiter zu verwenden sind, auf dem freien Markt angeboten werden", teilte Ausschussvorsitzender Ernst Lindl dem Gemeinderat mit.

Der Ausschuss hat seine Erkenntnisse mit Recherche-Ergebnissen aus Internetplattformen für Ferienwohnungen wie Immoscout, Booking.com und Airbnb untermauert. Tatsächlich wirbt Häring bis heute ganz offen auf der Homepage seiner Gaststätte "Midgardhaus Zum Häring" für seine "Starnberger See Suiten". Insgesamt fünf bunt und fantasievoll möblierte, durchaus luxuriöse Appartements. Drei davon liegen in Härings privater Villa hinter dem Midgardhaus. Zwei jedoch sind im Midgardhaus selbst situiert: Die Suite 4 wird als "ein sehr großes Zimmer + Turmzimmer" mit kleiner Turmbibliothek, 80 Quadratmeter für maximal zwei Personen für 290 Euro pro Tag inklusive Frühstück angeboten - natürlich mit direktem Seeblick. Wem das zu klein ist, bevorzugt vielleicht die Wohnung mit 150 Quadratmeter samt Loggia mit Panoramabalkon, zwei Schlafzimmer, Küche, Bauernstube, offenem Kamin und Tresor für maximal vier Personen, pro Tag 450 Euro.

Dem Ausschuss geht es nicht nur um etwaige Vertragsverletzungen - "vertragsgemäße Unterlagen" habe man nicht einsehen können, bedauerte Lindl. Sondern auch um eventuell entgangene Einnahmen. So soll auch untersucht werden, ob der Gemeinde ein höherer Erbauzins zusteht. Außerdem soll überprüft werden, ob Häring seine Investitionsverpflichtungen einhält und diese jährlich eng mit der Gemeinde als Eigentümerin der Immobilie abstimmt. Ein entsprechender Bericht soll dem Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegt werden. Häring kann auf Nachfrage "den ganzen Zinnober um ganz normale Ferienwohnungen" nicht verstehen.

In der einen Wohnung im Midgardhaus habe er selbst jahrelang gewohnt. Dann ist er in den Guggerhof gezogen. "Wenn ich sie im Sommer vermieten kann, gut. Sonst hab' ich sie für Personal." Derzeit brauche er dafür aber keine Unterkünfte. Lediglich ein Kassier vom Biergarten wohne noch im Haus. Es sei doch "wurscht, ob ich da drin wohne, oder jemand anders". Wie hoch ist die Auslastung? "Ja, mei, ab und zu läuft schon was, heuer war's nicht so der Hit", sagt der Wirt am Telefon. Angesprochen auf die doch recht happigen Preise meint er freimütig: "Ich hab' nicht vor, der billige Jakob zu sein." Die Einrichtung habe er zum Großteil selbst ausgesucht, teilweise sogar Möbel selbst bemalt. "Sowas ist mein Ding." Als Gäste hatte er viele Musiker wie Leslie Mandoki. Auch Gérard Depardieu hat sich schon im Midgardhaus eingemietet. Dass er nicht genug in das denkmalgeschützte Haus reinstecke, weist Häring entschieden zurück. Er spricht von drei Millionen in 30 Jahren. Mit dem verstorbenen Bürgermeister Rudolf Krug habe er 2014 eine Erbpachtverlängerung bis 2038 ausgehandelt. Von der bis dahin fälligen Investitionssumme von 650 000 Euro, von der im Ausschuss die Rede war, sei er in jeder Hinsicht weit entfernt: "Erstens hatte Krug die Summe schon stark nach unten revidiert, zweitens komm ich sicher in der Zeit auf das Doppelte", vermutet Häring. Er zeigt sich offen, mit der Gemeinde alle strittigen Fragen zu klären. Die amtierende Vize-Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg hat am Donnerstag diesbezüglich schon Kontakt mit ihm aufgenommen.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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