Tutzing wird schön:Unverstellter Blick

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Tutzing plant die Umgestaltung der Hauptstraße. Dabei zieht die Gemeinde externe Experten zurate. Klar ist, dass der Autoverkehr reduziert und die Aufenthaltsqualität gesteigert werden soll

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Für die Sanierung und Umgestaltung der Hauptstraße - eines der größten und aufwendigsten Projekte, die Tutzing in den nächsten Jahren in Atem halten werden - ist am Freitag der Startschuss gefallen. In einem "Kick-Off-Meeting" trafen sich Bürgermeister Rudolf Krug (ÖDP), Rathausmitarbeiter und Planer der Gemeinde mit ranghohen Vertretern des Straßenbauamtes Weilheim hinter verschlossenen Türen im Rathaus. Die marode Staatsstraße, Hauptverkehrsader der Seegemeinde, soll in mehreren Bauabschnitten hergerichtet und gleichzeitig attraktiver für Geschäftsleute und Passanten gemacht werden. Für das Vorhaben sind mindestens drei Jahre veranschlagt. Losgehen sollen die Bauarbeiten aber nicht vor der Fischerhochzeit 2017. Die Tutzinger müssen sich dann auf Umleitungen und Einschränkungen beim Parken einstellen.

Bis freilich konkrete Pläne auf dem Tisch liegen, ist es noch ein weiter Weg. Rathauschef Krug will alle zwei, drei Monate mit Behördenvertretern das Vorgehen abstimmen und ausloten, welche Wünsche der Gemeinde überhaupt realisierbar sind. Dabei spielt eine Hauptrolle, wer welche Kosten übernimmt. "Die Aufteilung wird eine harte Verhandlung", erwartet Krug. In der derzeitigen, etwa einjährigen Planungsphase soll der Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss des Gemeinderates eng eingebunden werden. Auch an weitere Bürgerforen ist gedacht, um auf breiter Basis Ideen aufzunehmen. Die umfangreiche Dokumentation, in der die Tutzinger Liste Schwachpunkte in der Hauptstraße festgehalten hat, soll ebenfalls Eingang finden. Zudem müssen die gesamten Spartenträger koordiniert werden.

Zwei Fachleute werden das Projekt - und weitere - maßgeblich in die Hand nehmen. Die Gemeinde hat dazu den Verkehrsplaner Benjamin Neudert (IBN Planen und Beraten) und den Landschaftsplaner Harry Dobrzanski engagiert. Die beiden stellten sich in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses vor. Verkehrsplaner Neudert hat die Umgestaltung der Ortsmitte in Herrsching und Andechs begleitet. Er hält die Probleme bei Ortsdurchfahrten für vergleichbar: "Wir haben oft ein Übergewicht von motorisierten Individualverkehr gegenüber Fußgängern, Radfahrern und ÖPNV", so seine Erfahrung. Um den Verkehr in Tutzing von 79 Prozent auf 46 Prozent zu senken und die "Aufenthalts- und Begegnungsqualität" in Tutzing zu fördern, setzt er auf einen barrierefreien Straßenraum, eine möglichst reduzierte Geschwindigkeit, sichere Radwegeverbindungen, einen Bürgerbus und zentrale Parkmöglichkeiten.

Der letzte Punkt bereitet Thomas von Mitschke-Collande (CSU) Sorgen. "Wir haben den Bau eines Parkhauses in den letzten Jahren verschlafen. Der müsste in den nächsten zwei Jahren geschehen. Sonst haben wir ein Riesenschlamassel", befürchtet der Gemeinderat, wenn vor allem in der Umbauphase viele Parkplätze im Zentrum wegfallen. Krug verwies auf Pläne, bis 2018 unter dem Pausenhof der Grund- und Mittelschule eine Tiefgarage zu errichten. Dafür sei allerdings noch die Finanzierung offen. Skeptisch äußerte sich CSU-Rat Peter Stich, ob es gelinge, "die Tutzinger umzuerziehen". Die Leute wollten einkaufsnahe Parkmöglichkeiten, die Mütter ihre Kinder kutschieren. Dem widersprach die 3. Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) entschieden. Sie beobachte täglich "Kinderströme in der Traubinger Straße" und Eltern, die ihre Kinder zu Fuß in die Schule begleiteten. Das Charakteristische an Tutzings Landschaftsarchitektur wie die alten Parks, Bachläufe und "das Noble rund um große Villen" hervorzuheben, ohne Neues zu verleugnen - das wäre der Wunsch von Landschaftsplaner Harry Dobrzanski aus Penzberg. Das heiße nicht unbedingt, jeden Baum zu bewahren, gab er Mitschke-Collande recht, der Tutzing langsam so zuwachsen sieht, dass man bald den See nicht mehr sehe. Krug erwartet von den Experten einen unverstellten Blick auf Tutzing: "Als Einheimischer wird man eventuell etwas betriebsblind." Er rechnet damit, dass die Umgestaltung der Hauptstraße über die Wahlperiode bis 2018 hinausreicht.

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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