Italo-Western feiert Jubiläum:Schrecklich brutal

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Er war ein schüchterner Junge, sagt Marianne Koch über den Schauspieler Clint Eastwood. (Foto: Franz X. Fuchs)

Marianne Koch spielte mit Clint Eastwood in "Für eine Handvoll Dollar". Heute schockieren sie die Gewaltszenen

Von Blanche Mamer, Tutzing

Marianne Koch versinkt in ihrem Sessel. "Schrecklich. So ein brutaler Film", sind ihre ersten Worte, als der Applaus des Publikums im Tutzinger Kino verklingt und das Licht angeht. Dabei hat sie selbst in dem Film mitgespielt. Vor 50 Jahren war das, der erste Italo-Western von Sergio Leone: "Für eine Handvoll Dollar" mit Clint Eastwood. Eigentlich habe sie die Rolle nicht annehmen wollen, denn die Handlung habe ihr absolut nichts gesagt, erzählt sie. Doch der deutsche Verleih habe ihr so viel Geld geboten, dass sie nicht ablehnen konnte. Marianne Koch ist Ehrengast bei der Vorstellung eines Buches von Tobias Hohmann und Thomas Pollmer über Clint Eastwood.

Vor zehn Jahren hat sie den Film zuletzt gesehen, sagt sie, doch so brutal hatte sie ihn nicht in Erinnerung. Das sagen auch ältere Zuschauer, die die vor langer Zeit die Geschichte von zwei verfeindeten Banden in einem verschlafenen Ort in Neu-Mexiko, von dem einsamen Helden Joe und der Befreiung der schönen Marisol, gespielt von Clint Eastwood und Marianne Koch, sahen. Gesehen haben sie wahrscheinlich die gekürzte Version, ohne die martialischen Szenen. Dass es verschiedene Schnittversionen gibt, berichtet der Autor und Eastwood-Fan Hohmann, der seit 1977 Material alles über den Schauspieler sammelt und nun zu dessen 85. Geburtstag den Jubiläumsband herausgebracht hat.

Am 5. März 1965, als der Film ins Kino kam, war nicht abzusehen, dass damit eine neue Western-Welle begründet wurde und ein Weltstar seine Premiere hatte. Eastwood war damals nicht die erste Wahl des Regisseurs, doch weil Stars wie Henry Fonda, Charles Bronson und James Coburn zu teuer waren, wurde der junge Eastwood engagiert. Für 15 000 Dollar sagte er zu, sah er doch eine willkommene Gelegenheit, in Italien und Spanien Urlaub zu machen. "So habe ich auch gedacht, als ich unterschrieben habe", erzählt Marianne Koch, "doch es war viel mehr. Ich erinnere mich zwar nicht mehr an alles, doch Sergio Leone war ein fabelhafter Regisseur, das Filmteam war toll, so locker, es war ein großartiges Arbeiten. Clint war ein schüchterner junger Mann, der aber feste Ansichten über den Filmhelden Joe hatte und sich damals schon sicher war, dass er eines Tages Regisseur werden würde".

Koch war damals ein Weltstar, hörte aber 1970 mit dem Filmen auf, um ihr Medizinstudium wieder aufzunehmen. Bis 1997 praktizierte sie als Internistin am Starnberger See, arbeitete als TV-Moderatorin und Medizin-Journalistin und schrieb mehrere Medizinbücher. Einen amerikanischen Western in Italien zu drehen, das erschien damals eine verrückte Idee zu sein, erzählt sie. Darum erschien der Film zunächst mit amerikanisierten Namen, berichtet Hohmann. Koch war Mary Cook, Sergio Leone wurde als Bob Robertson, Kameramann Massimo Dallamano als Jack Dalmas und Gian Maria Volontè als John Wells auf den Plakaten genannt. Erst nach zwei Monaten, als die Leute in Mengen in die Kinos strömten, bekamen die Crewmitgleider ihre Namen zurück.

Der Film wurde ein Riesenerfolg, auch wegen der ungewöhnlichen Musik von Ennio Morricone und der eindrucksvollen Kamera. So überzeugen noch heute die zahlreichen Nahaufnahmen, es faszinieren die ungewöhnlichen Perspektiven und wüsste man es nicht besser, könnte man die digital aufbereitete Fassung für einen neuen Film halten.

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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