Tutzing:Packende Kammermusik

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Dozenten der "Werkstatt" in der Akademie Tutzing konzertieren

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Welch ein wunderbares Erlebnis: Man geht in ein klassisches Konzert mit zum Teil rarer Kammermusik der Zeitspanne von Wolfgang Amadeus Mozart bis Nino Rota und findet eine Menge Jugendliche im Publikum, die höchst aufmerksam zuhören und nach jedem Stück in euphorischen Jubel ausbrechen. Die "Kammermusik-Werkstatt für junge Instrumentalisten" des BR-Symphonieorchesters in der Evangelischen Akademie Tutzing macht es möglich.

Die Teilnehmer waren alle gekommen, um ihre Dozenten, die mit ihnen drei Tage lang im offenen Einzelunterricht intensiv arbeiten sollten, im Ernstfall eines Konzerts zu erleben. Sie wissen alle, wie lang und beschwerlich der Weg zum beglückenden Bühnenerlebnis ist. Und dass es beglückend war, stand hier außer Frage. Die Kostproben haben sich auch gewiss als enormer Motivationsschub auf die Jugendlichen ausgewirkt, boten doch die sieben Symphoniker einen mitreißenden Kammermusikabend. Lustvoll erfrischendes, vitales Musizieren stand ganz oben auf der To-do-Liste von Daniel Nodel und David van Dijk (Violine), Benedict Hames (Viola), Uta Zenke-Vogelmann (Violoncello), Natalie Schwaabe (Flöte), Hansjörg Profanter (Posaune) sowie Lukas Maria Kuen (Klavier).

Mozarts Flötenquartett D-Dur KV 285 mit der konzertant exponierten Flötenstimme zeichnete schon die Stimmungen des Abends von Verve über melancholischen Gesang bis hin zum vergnügten Schlusswirbeln vor. An Dramatik fehlte es darin nicht, auch wenn Mahlers Klavierquartett a-Moll (1. Satz) in seiner düsteren Schwermut wesentlich tiefer in die satten Dunkelbereiche vordrang, in den Verdichtungen durchaus mit Pathos gewürzt. Webers farbenreiches Trio für Flöte, Violoncello und Klavier g-Moll op. 63 schloss sich mit aufbrausendem Melos dieser gedrückten Stimmung an, um allmählich zum lustvoll-leichten und vergnügten Scherzo überzuleiten. Nach einem liedhaft-melancholischen "Schäfers Klage" kehrte der Schlusssatz zur beschwingten Charakteristik zurück.

Mozarts eng verwobenes Duo für Violine und Viola G-Dur KV 423 mit brillantem Strich kontrastierte "Morceau symphonique" für Posaune und Klavier op. 88 des Franzosen Alexandre Guilmant mit einfühlsamer Plastizität und substanzvoller Lyrik. Rotas Trio für Flöte, Violine und Klavier sollte schließlich noch einmal das reichhaltige Repertoire an Ausdrucksformen Revue passieren lassen.

Allerdings in einer zeitgemäßen Ausdeutung, so etwa der energische Kopfsatz mit groovender, bisweilen schriller Spannung, im Andante-Mittelsatz geheimnisvoll mit mysteriösen Klangspielen verdüstert oder schließlich im Schlussallegro nach einem ruhelosen Galopp mit Klangvarianten in reizvollen Stimmungen. Ein packender Kammermusikabend.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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