Tutzing:Packend

Der Liederabend zu den Tutzinger Brahmstagen

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Die Überschrift "Galeriekonzert mit jungen Künstlern" suggerierte Nachwuchsförderung. Jung waren die Künstler gewiss, doch längst schon im Musikbetrieb etabliert. Vor allem in der Vita von Bariton Tobias Berndt finden sich Namen von hohem Rang, ob es um Wettbewerbserfolge geht, Dirigenten, unter denen er auftrat, oder Konzertsäle, in denen er gastierte. Der 36-jährige Berliner wurde bereits zu einer Reihe bedeutender Festivals weltweit eingeladen, etwa zum Prager Frühling, Oregon Bachfestival oder Beijing International Music Festival. Seine Begleiterin am Flügel hat ebenfalls so einiges vorzuweisen. Die Finnin Pauliina Tukiainen gehört zu den gefragtesten Liedbegleitern der jüngeren Generation. Was von der Gattung her eine der anspruchsvollsten pianistischen Aufgaben ist. Und auch Tukiainen bewies bei den Tutzinger Brahmstagen in der Galerie Benzenberg, dass die bedeutenden Stationen in ihrer Vita nicht spurlos an ihr vorübergegangen waren. Sie verstand es, in höchster Konzentration und einfühlsam mit Berndt zu phrasieren, zu formen und zu atmen.

Ihre Spezialisierung auf Liedbegleitung war in jedem Ton zu hören und zu spüren. Den Klavierpart ganz in den Dienst der Gesangsstimme zu stellen, erfordert viel Disziplin, die bei Tukiainen jedoch nicht Einschränkung, sondern Reichtum im Duo bedeutete. Berndt erhielt viel Freiraum, die großartigen Brahms-Lieder mit all ihren emotionalen Facetten und ihren literarischen Bezügen zu den vertonten Gedichten in Klangfarben zu verwandeln. Was Brahms letztendlich mit den "Vier ernsten Gesängen" op. 121 in eine reife Form inhaltsschwerer, eindringlicher Gesten gegossen hatte und hier vom Duo Tukiainen und Berndt mit Emotionen von dramatischer Intensität exponiert wurde, fand zuvor in feineren, geistreich nuancierten Liedern eine wunderbar romantische Vorwegnahme. Ob in seliger Romantik der "Feldeinsamkeit", tiefer Versenkung in die dunklen Basslagen des "Dämmerung senkte sich von oben", in den "Neun Liedern und Gesängen" op. 32 reich differenziert in aufbrausender Melancholie des "Ich schleich umher", erregtem Auf und Ab in "Meine Liebe ist grün" oder in hymnisch-sakraler Ruhe des "O kühler Wald": Tukiainen fand mit Berndt stets eine gemeinsame, homogene Rhetorik mit jeweils klar definierter Charakteristik.

Das warme, runde Timbre des Baritons überzeugte dabei nicht nur mit plastischer Stimmformung, sondern vor allem mit absolut deutlicher Diktion und natürlicher Lautbildung. Die "Vier ernsten Gesänge" krönten den emotional packenden Liederabend. Lang anhaltender Applaus des zahlreichen Publikums und Brahms' "Wiegenlied" als Zugabe.

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