Wie Wellengang sieht das vom Ufer nicht wirklich aus, höchstens kleine Wögelchen sind es. Der Starnberger See glitzert in der Sommersonne, das Wasser kräuselt sich ein bisschen. Kein Grund, aufzugeben - oder vielleicht doch? Denn es fühlt sich an wie ein leichtes Erdbeben, oder zumindest so fragil wie auf dem Wackel-Brett im Fitness-Studio. Doch es ist ein SUP-Board, das sich auf dem Starnberger See vor Tutzing wiegt. Und es dient als Standfläche für den Krieger. So heißt diese Yoga-Übung, die Christine Kabitzke so locker, leicht und geschmeidig demonstriert - so, als wäre man im Studio auf der Yoga-Matte und nicht auf einem schwankenden Brett auf dem bewegten Wasser.
SUP-Yoga heißt diese neue Disziplin, die im Fünfseenland sich gerade ausbreitet. Wobei SUP die Abkürzung für Stand-up-Paddling ist, Stehpaddeln auf einer Art Surfbrett also. Was an sich schon für Ungeübte eine wackelige Angelegenheit ist: Fest, aber doch locker auf dem Brett stehend, gut zentriert, und dann mit sieben bis zwölf kräftigen Paddelschlägen abwechselnd an Steuer- und Backbord für Vortrieb sorgen. So hatte zumindest Eliane Droemer vom SUP-Verleih Starnberger See die Basis-Technik erklärt. Eine gute halbe Stunden haben die Teilnehmer des SUP-Yoga-Kurses Zeit, sich an ihre schwimmende Yoga-Matte zu gewöhnen, dann übernimmt Christine Kabitze das Kommando.
Wobei das mit militärischem Ton gar nichts gemein hat, denn die 42-Jährige führt mit sanfter Stimme hinein in die Yoga-Übungen, die man als praktizierender Yogi schon kennt - und eigentlich für einfach befindet. Den Sonnengruß etwa, oder den Hund, oder vielleicht auch noch den Krieger. Wie hatte Kabitzke an Land zu den SUP-Yoga-Novizen gesagt: "Was an Land einfach ist, wird auf dem Wasser auf einmal schwer." Genauso ist es. Etwa, wenn man sich beim Sonnengruß mit nach oben gestreckten Händen dem Himmel entgegenreckt - und auch den Blick nach oben nimmt. Nach oben orientierungslos, und unten wackelt's - eine neue Erfahrung. Aber das ist eben Yoga. "Dazu kommen Sonne und Wind, die man hautnah spürt. Das ist das Einmalige an SUP-Yoga", erklärt Kabitzke. Die Boards sind dabei miteinander vertäut oder an einer Boje festgemacht, damit nicht der ein oder andere Yogi plötzlich abdriftet.
Kabitzke ist schon seit längerem Yoga-Lehrerin, im Yogabee-Studio in München. Für die Kurse kommt sie gerne heraus an den See, sie stellen auch für die geschmeidige Frau immer wieder ein Herausforderung dar. Allerdings erst bei Übungen wie etwa dem Kopfstand. Kabitzke hat in der Medienbranche gearbeitet und ihren Job dort an den Nagel gehängt. "Es war mir eine zu bunte, grelle und schnelle Welt", sagt sie. Kabitzke möchte ihr Angebot an Yogakursen künftig ausbauen.
Die Bretter sind es dagegen, die Eliane Droemer schon lange faszinieren. "Eigentlich komme ich übers Snowboarden zum Stehpaddeln", erzählt die 41-Jährige, die jetzt im zweiten Jahr ihren SUP-Verleih am Starnberger See aufbaut. Was ihr noch fehlt, ist ein Hotel oder eine Gaststätte, mit der sie kooperieren will. Dromers Hauptberuf ist SUP-Lehrerin allerdings nicht, ihren Lebensunterhalt verdient sie sich als Journalistin, spezialisiert auf - Boardsports.
Zurück auf den See. Nun geht es ans Eingemachte, an Übungen, die schon viel mehr an Kraft, Geschicklichkeit, Koordination und auch Mut verlangen, wie etwa der Seitstütz. Auf einem Arm und auf ein Bein gestützt, die anderen beiden Extremitäten hoch in die Luft gereckt - das endet schnell mit einem Platscher ins Wasser. Wie gut, dass dies deutlich mehr als 20 Grad hat. Also schnell wieder aufs Brett geklettert - und hingelegt, eine Ruhephase beendet die Yogastunde auf dem See. Und nun sind die kleinen Wellen auf einmal total entspannend. Mit einem gemeinsamen "Omm" klingt der Kurs aus. Es schwingt noch lange nach. Im Yogi und auf dem See.
Hier eine Auswahl von SUP-Stationen:
Starnberg: SUP-Verleih Starnberg, www.sup-verleih-starnberg.de
Tutzing: Surf- und Segelcenter Tutzing, www.nordbad.de
Utting: Bootswerft Steinlechner, www.steinlechner-bootswerft.de
Campingplatz Pilsensee: Bavarian Waters, www.bavarianwaters.com