Tutzing Musikfestival:Verblassende Handschrift

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Tritt nach 14 Jahren ab: Gisela Aigner. (Foto: Georgine Treybal)

Gisela Aigner, Cheforganisatorin der Brahmstage, gibt ihr Amt ab

Von Tabea Huser, Tutzing

Eine kleine Pralinenschachtel mit dem Profil von Johannes Brahms liegt auf dem Klavier. Gegenüber in der Regalwand ein Brahms-Puzzle im Art-Deco-Stil. Die kleinen Verweise fallen auf die Schnelle nicht auf, doch im Leben von Gisela Aigner spielt die Musik des Hamburger Komponisten eine besondere Rolle. Als Vorsitzende des Freundeskreises der Brahmstage leitete die Tutzingerin 14 Jahre lang die Organisation des Tutzinger Klassikfestivals. Nun hat sie das Amt abgegeben, ihr Nachfolger heißt Andreas Dessauer. Lange hat Gisela Aigner nachgedacht: "Soll ich es noch mal machen, soll ich es nicht machen?"

Die Akquise von Sponsoren, das Erstellen von Verträgen und die Dekoration zählten zu ihren Hauptaufgaben. "Ich kann gut abgeben", versichert Aigner. Nur um die blauen Festivalfahnen und um das Mitgliederkonzert im Gut Deixlfurt wird sie sich fortan kümmern. Und das mit viel Liebe. Die ehemalige Vorsitzende erzählt: Als ein Anwohner sich ärgerte, dass ein Banner im Wind flatterte, nähte sie eigenhändig ein Polster ein. Und die Briefe an Sponsoren schrieb die Tutzingerin noch mit der Hand. Das hat sich ausgezahlt: In der Chronik zum 2o. Jubiläum der Brahmstage präsentierte Aigner stolz eine Liste an Förderern vom Kultusminister bis zum Bankchef. Ohne Zurückhaltung gibt Aigner aber zu, dass ihr die Brahmstage auch einige schlaflose Nächte bereiteten. Kommen die Flyer rechtzeitig, stimmen die Angaben im Programmheft? "Mädchen für alles, das kann man sagen", stellt Aigner lächelnd fest.

Von der urigen Eckbank blickt die 78-Jährige nachdenklich in die Weite. In ihrem Wohnzimmer stehen feine Holzmöbel, eine Schrankwand voll Büchern, Musikinstrumente. Die Klassikliebhaberin springt auf, holt einen Ordner und erinnert sich. seit 1997 finden die Brahmstage in der jetzigen Form statt, 2003 gründete sich der Freundeskreis, 2005 übernahm die gebürtige Münchnerin den Vorsitz. Doch Aigners Faszination für die Werke des Romantikers liegt weiter zurück. Sie wuchs im Bielefelder Stadtteil Bethel auf, die Mutter spielte Brahms am Klavier. "Alle sechs Geschwister lieben die Musik", sagt die 78-Jährige. Nachdem Sie ihren Ehemann Toni in Murnau kennengelernt hatte, führte ihr Weg 1973 über München nach Tutzing. Sie habe dort "Brahmspromenade gelesen", aber nicht gewusst, dass der Komponist den Sommer 1873 in Tutzing verbracht hatte. Heute sagt die vierfache Oma: "An die Brahmstage denke ich eigentlich täglich."

© SZ vom 30.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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