Tutzing:Mann über Bord

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Originell bis zum Abgang: Three Fall beim See-Jazz-Festival

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Sollte man das Trio Three Fall mit einer einzigen Eigenschaft charakterisieren, wäre das wohl Originalität. Es beginnt schon mit der Besetzung, die offenbar so neugierig macht, dass beim See-Jazz-Festival auf dem Museumsschiff Tutzing kein Platz frei bleibt. Posaune (Til Schneider), Tenorsax und Bassklarinette (Lutz Streun) sowie Schlagzeug und Perkussion (Sebastian Winne) lassen rein theoretisch auf eine recht inhomogene Angelegenheit schließen. Aber die Originalität der Spielarten und der kreative Einsatz von elektronischer Klangverfremdung oder Sampler-Loops ermöglichen es dem Trio, Homogenität neu zu erfinden.

Titelansagen sind weitgehend entbehrlich, denn letztendlich kommt es nicht so sehr auf das jeweilige Thema an, sondern vielmehr darauf, was die drei höchst gewandten Instrumentalisten aus dem Material machten. Funk und Reggae, gelegentlich fast zum Hardrock mit raustimmigen Bläsern intensiviert, sind durchaus häufig im Jazz. Dennoch fasziniert es, wie die Formation es schafft, diese Stilrichtungen ohne Gitarren zu meistern. Die Bass-Grooves wandern meist zwischen Schneiders mächtig tiefer Posaune und Streun, manchmal aber teilen sich beide den Groove und flechten zwischen den Begleittönen Themenfragmente ein. Einen besonderen Reiz üben spieltechnische Experimente aus, die bisweilen sorgfältig mit elektronischen Hilfsmitteln weiterentwickelt werden. Mit Zirkularatmung vermag Streun eine schier unaufhaltsame Rhythmusmaschine zum gnadenlos zuverlässigen und vorantreibenden Puls von Winne anzuwerfen. Klanglich nähern sich die Spielereien nicht selten dem Effekt exotischer Perkussionsinstrumente an. Die rhythmische Prägung ist für die Formation stilprägend: Insbesondere wenn ihr Jazz den Weg der speziellen Monotonie des Hip-Hop einschlägt und die Eindringlichkeit mit repetitiven Elementen auf die Spitze treibt. Aber wohin auch immer der Weg hinführt - inspirierende Klänge und immer wieder überraschende Wendungen machen ihn höchst spannend. Dass schließlich nach begeisterten Ovationen nur eine, wenn auch in ihrer weitläufigen Entwicklung sehr packende Zugabe folgte, lag am Abgang der beiden Bläser: Mit einem Sprung von der Bühne in den See. Originell.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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