Tutzing:Luxuswohnungen im Quartett

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Mit knapper Mehrheit billigt der Tutzinger Gemeinderat den neuesten Entwurf für die Bebauung des Seehof-Grundstücks. Nach vielen Anläufen in 22 Jahren ist damit von einem Hotel keine Rede mehr.

Gerhard Summer

Wohnblöcke mit Café und Läden im Erdgeschoss: Die Simulation zeigt den Blick von der Tutzinger Hauptstraße auf die vorderen zwei der vier geplanten Seehof-Gebäude. Rechts ist die Fassade des Kurhauses zu sehen. Das alte Schloss, Sitz der Evangelischen Akademie, bleibt aus dieser Perspektive verdeckt. Fotomontage: Goetz, Hootz, Castorph (Foto: Goetz-Hootz-Castorph)

- Tutzing bekommt jetzt, was die Gemeinderäte früher partout nicht wollten: Luxuswohnungen im Quartett auf dem Seehof-Gelände. Das Gremium hat sich am Donnerstag mit der hauchdünnen Mehrheit von acht zu sieben Stimmen für eine von fünf Bebauungsvarianten entschieden, ein Modell mit vier Gebäuden, die sich laut Architekt Josef Peter Meier-Scupin "windmühlenartig um einen zentralen Platz gruppieren".

Zu Beginn der Debatte hatte es so ausgesehen, als würden die Kommunalpolitiker eine Lösung favorisieren, die einen fernen Anklang ans alte Hotel Seehof gebracht hätte: einen einzigen L-förmigen Bau. Allerdings hätte die Entscheidung anders ausfallen können, wenn die CSU vollständig und nicht nur mit drei Vertretern erschienen wäre. Eine von ihr ins Spiel gebrachte, abgespeckte Variante der Pläne, die einst Bürgermeister Stephan Wanner (parteifrei) und Architekt Florian Burgstaller präsentiert hatten, fiel ebenfalls durch.

In der Diskussion kam schon so etwas wie Abschiedsstimmung auf. Wanner erinnerte daran, wie lange die Gemeinderäte bereits über den diversen Seehof-Plänen brüten, nämlich seit 22 Jahren. Und Marlene Greinwald (FW) fand, die Zeit habe sich sehr wohl gelohnt, wenn jetzt wie vorgesehen nur eine Baumasse von 3700 Quadratmetern Geschossfläche herauskommt. Denn diese Planung ist im Vergleich zu früheren Konzepten moderat.

Der Seehof gilt bis dato als offene Wunde im Ortsbild und kommunalpolitisch als ein Stück verbrannte Erde. Denn bislang sind alle Anläufe der unterschiedlichen Eigentümer seit den neunziger Jahren gescheitert. Anfangs ging es einzig um ein Hotel. Doch weder die Brüder Wiesner, Bauträger Johann Hörmann oder die Unternehmer Richard von Rheinbaben und Siegmund Löger kamen zum Zug. Mal ließ ein Bürgerbegehren ("Kein Koloss neben dem Schloss") den Traum vom neuen Seehof platzen, mal versagten die Gemeinderäte ihre Zustimmung, weil sie argwöhnten, dass durch die Hintertür Wohnungen realisiert werden sollten. Mal kam es zum Eklat, weil die CSU das Bürgerbegehren gegen das Fünf-Sterne-Palais nicht zuließ und damit ihren Niedergang bei der Wahl 2008 einläutete. Inzwischen ist klar, dass sich auf der 8076 Quadratmeter großen Fläche kein Hotel mehr wirtschaftlich betreiben lässt, was mit dem gestiegenen Preis des Grundstücks zu tun hat, das durch viele Hände ging, und der Tatsache, dass der Gemeinderat Wohnungsbau an der angrenzenden Marienstraße zuließ. Damit verbaute sich das Gremium selbst Möglichkeiten auf dem schmalen Gelände.

Nun kommt also durch die Vordertür, was die Tutzinger vormals vehement ablehnten: eine Anlage mit Eigentumswohnungen und ein paar Läden oder Lokalen. Das Ganze hat aber auch einen Vorteil: Im Gegenzug bekommt die Bevölkerung eine Grünfläche zum See hin, den historischen Anger, wie er auf alten Abbildungen zu sehen ist, so Greinwald. Bei der Lösung mit einem Baukörper wäre der Park mit 4600 Quadratmetern am großzügigsten ausgefallen. Doch für Kreisbaumeister Christian Kühnel war die Größe allein nicht ausschlaggebend. Er bezeichnete sowohl den L-förmigen Monolithen als auch das Quartett mit zwei vier- und zwei dreigeschossigen Baukörpern als gute Lösung. Variante A, der "alte Seehof in neuem Gewand", werde hohe Akzeptanz finden, auch die Nachbarn an der Marienstraße könnten wohl damit leben, sagte Kühnel. Lösung C habe Charme. Durch die Anordnung der Gebäude entstehe ein Raum mit halböffentlichem Charakter, der Qualität habe, und außerdem ein Eck mit Läden oder Cafés zum Ort hin. Weitere Lösungen der Architekten, Modelle mit zwei Riegeln oder einem verschnörkelten Solitär, fand Kühnel deutlich schlechter oder "wirklich schlecht".

Variante C machte schließlich das Rennen. Denn im Vergleich damit, fanden Martin Siebert (FDP), Peter Stich und Thomas von Mitschke-Collande, nehme sich die Lösung mit dem angeblichen neuen Seehof langweilig und bieder aus. Das wäre dann genau der Koloss oder das "Kolösschen", wie Mitschke-Collande kühn formulierte, das einst bekämpft worden war. Hinzu komme: Bei der großen Grünfläche frage sich jeder Besucher, was da als nächstes reingebaut werden solle. Mitschke-Collande meinte sogar: Die Freifläche wäre ein "Mahnmal, dass wir dort in 20 Jahren kein Hotel hingebracht haben."

© SZ vom 10.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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