Tutzing:Land unter

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Erhard Füssel ist froh über trockene Tage. Sobald es heftig regnet, quillt seit Neuestem im Keller des 1937/38 erbauten Hauses Wasser aus den Wänden. (Foto: Nila Thiel)

Der Tutzinger Erhard Füssel hat ein gehöriges Problem, seit auf dem Hanggrundstück oberhalb seines Hauses gebaut wurde: In seinen Keller dringt Wasser. Der Rentner fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Herbstzeit ist Regenzeit. Der sieht der Tutzinger Erhard Füssel heuer in dem alten Holzhaus am Von-Hillern-Weg, in dem er seit 35 Jahren lebt, voller Bedenken entgegen. Schon jetzt läuft ein Trocknungsgerät im Keller. Denn wenn es draußen schüttet, dringt drinnen Wasser ein, quillt aus Fliesenritzen und bedroht die ausgebauten Souterrain-Räume. Und zwar erst seit Neuerem, wie der 77-Jährige sagt. Genaugenommen, seit im vergangenen Jahr gegenüber auf einem bislang unbebauten Hanggrundstück zwei massive Neubauten entstanden sind. Was der pensionierte Verkehrsplaner vermutet: Unterirdische Quellen suchen sich jetzt einen neuen Weg. Durch seinen Keller. Sämtliche von ihm eingeschalteten Behörden schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Weil die Hänge am Seeufer immer dichter bebaut werden, dürften sich derartige Fälle bald häufen, befürchtet die Tutzinger Grünen-Gemeinderätin, Christine Nimbach.

"Im Mai gab es starke Regenfälle, im Juni sprudelte es plötzlich im Keller aus der Wand. So etwas war vorher nie vorgekommen", versichert der Eigentümer, während er durch das 1937/38 gebautes Häuschen führt. Rundherum verläuft seit Alters her an den Grundmauern entlang eine Drainage. Die, so vermutet Füssel, liege jetzt allerdings offenkundig zu hoch. Auf der Straße zeigt der Hausherr, worauf er den aktuellen Wasserschaden zurückführt.

Auf dem ehemaligen weitläufigen Privatpark der Familie von Keller am Von-Hillern-Weg stehen zwei große, neue Einfamilienhäuser, ein weiteres ist weiter unten im Bau. "Mir geht es nicht um die vielen gefällten Bäume, die Größe, den Flachdachstil, die Veränderung der Siedlungsstruktur", will Füssel festgehalten wissen. Sondern um die Folgen im Untergrund. Die Neubauten seien quer über eine Wasserrinne gebaut, eine Tiefgarage verstärke den Effekt. "Sie haben hier zwei Talsperren gebaut. Weil wir keine direkten Nachbarn sind haben wir keine Pläne gesehen. Aber das Landratsamt hätte da einschreiten müssen mit Auflagen", findet Füssel.

Das Landratsamt weist alle Vorhaltungen von sich. Wie bei jedem Bauvorhaben habe die Behörde einen Sickertest zum Oberflächenwasser verlangt, den ein Fachbüro machen muss. "Wie sich die Schicht darunter verhält, das Grundwasser, ist nicht unsere Sache", betont Behördensprecher Stefan Diebl auf Nachfrage. Wenn tatsächlich durch die Neubauten ein Schaden entstanden sei, so sei das eine "rein privatrechtliche Angelegenheit". Die Gemeinde fühlt sich ebenfalls nicht zuständig. Und der Abwasserverband teilte Füssel nach einem Ortstermin mit, dass ihm zwar "solche Problematiken bekannt sind", er aber "derzeit keine Hilfe leisten kann".

Der Fall müsste bis in höchste Instanzen exemplarisch durchgefochten werden. Dazu fehlen Füssel Geld und Kraft. Er befürchtet, dass er jetzt - um weiteren Schaden vom Haus abzuwenden - eine tiefer liegende Drainage braucht. Kosten: mindestens 10 000 Euro. "Es kann doch nicht sein, dass die Altbürger einer Gemeinde die erst durch aufwendige Bauvorhaben von Neubürgern verursachten Probleme auf eigene Kosten zu beheben haben", hielt Füssel in Schreiben dem Landratsamt, Tutzings Bürgermeister und Gemeinderat vor.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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