Tutzing:Kunst am Haus

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Die Bildhauer Matthias Bischoff und Leonhard Schlögel zeigen in Tutzing zwei ihrer Werke. Und beide Künstler schätzen bei ihrer Arbeit mit Stein eines ganz besonders: die "ultimative Entscheidung", die dabei getroffen werden muss

Von Lea Heinrich, Tutzing

Eine Idylle am Starnberger See. Rauschende Bäume, sich aufbäumende Wellen, die dem Betrachter beinahe das Gefühl geben, am Meer zu stehen, wären da nicht die Berge, die in der Ferne zu erkennen sind. Zu diesem Panorama passen Matthias Bischoffs Findling "Zero one" und die Steinstele, die vor der Terrasse des Midgardhauses direkt am Seeufer installiert ist. Aus weißem Carraramamor gebaut, ragt sie gut zwei Meter in die Höhe und fühlt sich trotz der glatt aussehenden Oberfläche rau an. Ihr Name, "Sankt Michael", hat für den Künstler Leonhard Schlögel große Bedeutung: So hieß die Kirche, in der er getauft wurde.

Schlögel beschäftigt sich seit längerer Zeit mit der Installation von Steinstelen. Nachdem er mit zwanzig Jahren seine Liebe zu Fotografie entdeckt hatte, merkte er bald, dass der Fokus seiner Interessen auf der bildenden Kunst liegt. So brach er mit 27 Jahren eine zwei Wochen zuvor begonnene Fotografieausbildung wieder ab und arbeitet seitdem als Bildhauer. Lag der Schwerpunkt vorerst auf abstrakten Figuren und seit einer inspirierenden Griechenlandreise im Jahr 2006 auch auf Stelen, so war es für den Wessobrunner Teil eines "evolutionären Entwicklungsprozesses", seinen Stehlen bald eine mehr figurative Form zu geben. Dazu meint der Bildhauer: "Erfolg ist, wenn etwas gelingt und die eigenen Erwartungen übertrifft", also ein stetiger Entwicklungsprozess im Gange ist.

Es werde Licht: Matthias Bischoffs leuchtender Findling. Die Kunstwerke sind vor der Terrasse des Midgardhauses direkt am Seeufer installiert. (Foto: Nila Thiel)

So auch bei der Stele St. Michael, die seit dem 29. August am Midgardhaus steht und die filigranste ist, die Schlögel bis jetzt geschaffen hat. Zwei kleine Mamorflügel, in denen die Stehle endet, geben dem Kunstwerk einen engelhaften Eindruck. Zusätzlich zu den Flügeln lässt sich am oberen Rand der Stele ein kleines Loch erkennen. Zu diesem hat der Künstler eine Erklärung. Weil viele seiner Stelen dieses Loch haben und alle auf die Sommersonnwende ausgerichtet sind, fällt abends zur gleichen Zeit durch alle Stelen ein Sonnenstrahl. Dies sieht der 51 Jährige als eine Art "sinnbildliche Verbindung". Verbunden mit der jeweiligen Wirkung der Umgebung, verknüpfen sich die Stelen zu einer Einheit, die als humanitäres Zeichen gesehen werden soll. Schlögel arbeitet zwar nicht nur an Stelen, jedoch machen sie mittlerweile den größten Teil seiner Arbeit aus. Was der Bildhauer an der Arbeit mit Stein schätzt, ist die "ultimative Entscheidung", die dabei getroffen werden muss.

Das teilt er mit seinem Freund und Kollegen Matthias Bischoff, der am Midgardhaus einen seiner Findlinge installiert hat. Der in Monatshausen lebende Künstler fand Steine schon immer interessant, da er sie stets verschieden bearbeiten kann: Teilweise sind die Steine, die er für seine Arbeit nutzt, naturbelassen, teilweise ist die äußere Struktur verändert. Die Findlinge und Stelen, die er mittlerweile kreiert, haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Licht und Gold sind immer verwendete Materialien.

Die filigrane Stele des Wessobrunner Bildhauers Leonhard Schlögel. Sie ist aus weißem Carraramarmor gefertigt und ragt gut zwei Meter in die Höhe. (Foto: Nila Thiel)

Zurzeit arbeitet der Bildhauer vor allem an seinen Findlingen. Diese haben einen speziellen Aufbau. Erst werden durch Treibkeile Löcher in den Stein geschlagen, so dass er in zwei Stücke bricht. Beide Hälften werden dann vergoldet und wieder aufeinandergelegt. Das Besondere an den Findlingen ist, dass durch den Einbau von Edelstahlstegen der Eindruck entsteht, die obere Steinhälfte schwebe auf der unteren. Durch Halogenlichter im Inneren leuchtet der Schlitz zwischen den beiden Hälften, was vor allem im Dunkeln sehr beeindruckend aussieht. Das ist auch das Ziel des 53- jährigen Künstlers: Er möchte Betrachter zum Staunen darüber bringen, wie die Realisierung eines solchen Kunstwerkes möglich ist. Genau das schätzt der ehemalige Steinmetz an seiner jetzigen Arbeit als Steinbildhauer: die Freiheit zu haben, Materialien ohne Vorschriften von Arbeitgebern oder Kunden zu verarbeiten und eigene Ideen realisieren zu können. Das beschreibt auch der Name seines am Midgardhaus installierten Findlings "Zero One". "Zero" steht für den Weg vom Suchen nach dem idealen Stein bis zum Entschluss, an ihm zu arbeiten. "One" ist dann das fertige Objekt.

Ermöglicht wurde die Aufstellung der beiden Kunstwerke vom Tutzinger Midgardhaus, das für die Verlegung von Stromkabeln für Matthias Bischoffs Findling sogar ein Loch in den Fensterrahmen hat bohren lassen. Die Kunststücke dürfen noch bis mindestens Ende Herbst vor der Terrasse stehen.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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