Kurzkritik:Kontrastreich

Lesezeit: 1 min

Gitti Pirner zaubert auch am klanglich kargen Hausflügel

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Da es sich hier um ein Benefizkonzert zugunsten der Stiftung Beringerpark Tutzing zur Förderung der Palliativ- und Hospizversorgung handelte, begnügte sich Gitti Pirner mit dem klanglich etwas kargen Hausflügel. Schade war das allerdings schon, denn ihr edles, kultiviertes Spiel verstünde es, die sensiblen Feinheiten eines Instruments - sofern vorhanden - anzusprechen. Doch der gute Zweck heiligt die Mittel und die Atmosphäre im Konzertsaal der Evangelischen Akademie trug ihren Teil zum Gelingen der sehr gut besuchten Auftaktveranstaltung bei. Wie die Mediziner Egon Gniwotta und Reiner Hartenstein in ihren einleitenden Worten versprachen, soll noch eine ganze Reihe von Benefizkonzerten folgen.

Mit ihrer wohldurchdachten und sorgfältig differenzierten Dynamik vermochte es Pirner, Bachs Italienischem Konzert BWV 971 innerhalb der feierlich gesetzten "Register" eine überaus feinsinnige Modellierung und emotionale Kraft zu verleihen. Schuberts Sonate f-Moll D 625 mit dem Adagio D 505 konnte sich mit der dramatischen Einleitung gut dem fulminanten Bach-Schlusssatz anschließen, um aber sogleich in Schuberts unentwegtes Differenzieren und Wechseln der Charakteristika überzuleiten. Pirner bildete aus der verhaltenen Substanz heraus klare Stimmungsbilder, im Allegretto von Beschwingtheit über Gesang und Nachsinnen bis zu einer vorandrängenden, tektonischen Akkordlinie. Zwischen fließend und pulsierend changierte das Adagio, um zu einem fulminanten Schlusssatz mit furiosem Wirbel und feierlich-hymnischer Überhöhung mit stillem Ausklang zu finden.

Mozarts Fantasie c-Moll KV 475 schloss sich der reichhaltigen Differenzierung nach der Pause an. Die Ruhe im Spiel wurde so gnadenlos konsequent, dass sie sich in eine berstende Spannung verwandelte. Die attacca - also pausenlos - anschließende c-Moll-Sonate KV 457 konnte so daraus als Entladung viel Wirkung entfalten, auch im Sinne eines Kontrastes mit flirrenden Melismen. Seelenruhig ausgespielt gab sich das Adagio transparent und rund, ohne ins Romantische zu verfallen.

Mit einem packenden Finale zwischen etwas Wirbel, viel Melancholie und reichlich Dramatik öffnete sich wieder der Weg zu Schubert: Sein Impromptu op. 142/3 kehrte erneut in die feinsinnigen Bereiche vergnüglicher Leichtigkeit zurück und changierte dabei ausdrucksstark ins Expressive. Und immer wieder verzauberte sehnsuchtsvoll-nostalgischer Gesang. Begeisterter Schlussapplaus war der Lohn, bevor ein Bündel an Kurzstücken aus den Sechzehn Walzern op. 39 von Brahms als Zugabe erklangen.

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: