Tutzing:Azorenhoch bis zum Wochenende

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Blick zum Himmel: Hobby-Meteorologe Jürgen Botzenhardt. (Foto: Treybal)

Der Tutzinger Jürgen Botzenhardt verknüpft Wetterdaten aus aller Welt und erstellt Viertages-Vorhersagen. Langzeit-Prognosen findet er "unseriös"

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Wie wird das Wetter? Diese Frage fasziniert den Tutzinger Jürgen Botzenhardt schon von Jugend an. Als Flieger und Segler hing seine Sicherheit von treffsicheren Wetterprognosen ab. Als Student hat er sogar mal ein Semester Meteorologie studiert, aber die damals "brotlose Kunst" nicht weiter intensiviert, sondern ist lieber als Kaufmann groß ins internationale Fluggeschäft eingestiegen. Heute verfolgt der 80-Jährige beinahe täglich Wetterdienste aus aller Welt, speichert die Daten an seinen beiden Computern und verknüpft sie mit seinen Erfahrungswerten. Daraus bastelt Botzenhardt seinen persönlichen Wetterbericht für die Region, den Freunde und Bekannte gern bei ihm abrufen. Allerdings nur für vier, fünf Tage im Voraus.

"Langfrist-Prognosen, etwa wie der kommende Winter wird, sind unseriös". Und bezogen auf seinen Hobby-Meteorologen-Kollegen Josef Jägerhuber aus Starnberg meint er: Der schöpfe zwar "liebenswert" aus dem Hundertjährigen Kalender. Viele seiner Aussagen seien so nicht eingetroffen. Botzenhard verlässt sich lieber auf den Deutschen Wetterdienst in Offenbach und darauf basierende Online-Wetterportale, auf den internationalen Dienst des National Weather Service in USA und den Britischen Wetter Service. Kritisch sieht der technikbegeisterte Senior viele Weather Apps auf Handys: "Sie sind oft fehlerhaft, nicht weil die vorhandenen Wetterdaten falsch sind, sondern weil sie nicht technisch richtig weiterverarbeitet werden."

Außer Satellitenbilder, Großwetterlagen und Luftdruckverteilungen zieht er Augen und Nase zu Rate. Von seinem Hanggrundstück in Tutzing aus beobachtet Botzenhardt Wolkenformen und Wolkenzug im Alpenvorland, untersucht Tau und Tierverhalten. Und was ergibt sich denn nun aus der Kombination mit realen Daten für ein Wetter in den nächsten Tagen?

Der Tutzinger prophezeit am Montag den "Ausläufer eines Azorenhochs in Wartestellung über Portugal/Südwestspanien". So könne "mit ziemlicher Sicherheit" vorausgesagt werden, dass im Raum Starnberg, wie auch im übrigen südlichen Bayern, das Zwischenhoch bis zum kommenden Wochenende dominiere: Dienstag noch etwas wechselhaft bis 22 Grad, ab Mittwoch sonnig bis 23 Grad, Donnerstag bis Samstag bis 30 Grad möglich. "Also noch einmal hochsommerlich." Ab Sonntag dann die große Frage und für den Tutzinger seriös nicht vorhersagbar: Verstärkt sich das Zwischenhoch über Südbayern und nimmt eventuell sogar mit dem russischen, stationären Hoch Verbindung auf? "Das wäre dann ein schöner Spätherbst bis weit in den Oktober." Oder verpufft das Zwischenhoch wieder nach Osten.

Auch bei Schlechtwetter wird Botzenhardt derzeit nicht langweilig. Er bringt gerade seine Erinnerungen an die Paninternational-Affäre zu Papier. Die Fluggesellschaft, deren Mitinhaber Botzenhardt war, stand nach einem Flugzeugabsturz mit 22 Toten in Hamburg in den 1970er Jahren im Zentrum eines Untersuchungsausschusses. Die Affäre brachte mit Bestechungsvorwürfen gegen den SPD- Politiker Karl Wienand sogar die Regierung in Bedrängnis. Botzenhardt überstand die stürmische Pleite, verbringt heute die Wintermonate bei Freunden auf einer noblen Farm in Südafrika, wo sich Vermögende zur Großwildjagd treffen. Das Wetter dort - langweilig. "80 Tage wolkenlos, 28 Grad tagsüber, nachts 15. Da gibt's nichts aufzuschreiben."

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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