Tutzing:Auf hohem Niveau

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Kammerchor des Bayerischen Sängerbundes gastiert in Tutzing

Von berthold schindler, Tutzing

Treffen sich 28 Chorleiter und proben: Was wie der Beginn eines Scherzes klingt, ist in Wirklichkeit die Beschreibung des Kammerchors des Bayerischen Sängerbundes (BSB). Der Chor besteht aus Laienchordirigenten, die an drei Samstagen und einem Wochenende ein hochwertiges A-Cappella-Programm unter ihrem Leiter Alfons Brandl erarbeiten. Das erste von zwei Konzerten fand am Sonntag in St. Joseph statt. Vor spärlich besetzem Publikum präsentierte der BSB-Kammerchor ein sorgsam einstudiertes, stimmig zusammengesetztes Repertoire mit dem Titel "Abendlieder" (herausragend: "Power of Nations" des Zeitgenossen Alwin Schronen mit schimmernden Tonclustern).

Von Beginn an werden die Vorzüge des Ensembles deutlich: Aus der "Geistlichen Chormusik" von Heinrich Schütz gibt es die Motetten "So fahr ich hin" und "Die mit Tränen säen" zu hören. Die beiden 1648 am Ende des 30-jährigen Krieges komponierten Stücke sind Bittgebete um Frieden, geben Zeugnis von tiefem Gottvertrauen auch in Kriegszeiten; Brandl setzt auf eine einfühlsame, weiche statt einer allzu deklamatorischen, wortorientierten Interpretation, die schmerzhaft wirkende Kombination aus verminderten Akkorden und chromatischen Melodielinien steht im Vordergrund.

Fein verweben sich die Stimmen zu einem Gesamtklang, der sofort in seinen Bann zieht, jede dynamische Nuance wird hörbar gemacht und die Intonation ist durchwegs sauber. Etwas zupackender hätten in Wilhelm Bergers "Mitten wir im Leben sind" die Anrufungen an den "Heiligen Gott" sein dürfen. Beeindruckend sicher singt der Chor den rhythmisch vertrackten "Cantico delle Creature" des 2007 verstorbenen Tschechen Petr Eben; das Stück besticht durch Klangmalerei aus dem Sonnengesang des Heiligen Franziskus, etwa wenn der Wind durch die verschiedenen Stimmgruppen bläst. Die thematisch verwandten Chorlieder "In der Natur" des Landsmanns Antonín Dvořák spiegeln beschwingt Waldesidylle wider, einmal ist sich der Chor uneinig, ob das Tongeschlecht Dur oder Moll sein soll. Die knapp bemessene Probenzeit erklärt kleinere Mängel: Die Sänger sind zuweilen zu sehr in die Noten vertieft, technisch schwierige Piano-Einsätze in hoher Lage manchmal wacklig, nicht jede Absprache glückt. Der Gesamteindruck ist jedoch sehr positiv: Der BSB-Kammerchor bot eine Stunde anspruchsvolle Chormusik auf hohem Niveau.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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