Tutzing:65 und schon ziemlich weise

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Peter Maffay könnte jetzt in Rente gehen. Doch der Deutschrocker aus Tutzing hat noch viel zu viel vor. Anfang 2015 tourt er durch Deutschland - und Tabaluga lebt weiter

Von Christine Setzwein, Tutzing

Sein großes Idol ist nur fünf Jahre älter. Keith Richards feierte im Dezember seinen 70. Geburtstag, Peter Maffay wird an diesem Samstag 65. "Rentenalter" heißt es immer noch, obwohl sich viele bereits lange davor in den Ruhestand verabschieden und viele wesentlich länger zur Steigerung des Bruttosozialprodukts beitragen. Und überhaupt hat die Rente mit 65 ohnehin bald ausgedient.

Peter Maffay als Rentner? Unvorstellbar. Aufhören, wenn's am Schönsten ist? Auf keinen Fall. Es könnte ja noch schöner kommen. So war es zumindest in den vergangenen 44 Jahren. Seit Maffay, der am 30. August 1949 im rumänischen Siebenbürgen als Peter Alexander Makkay auf die Welt kam, 1970 mit dem Schmachtfetzen "Du" einen Nummer Eins-Hit landete, ging es bergauf mit dem Sänger und Musiker. Gut, es waren auch einige Rückschläge mit dabei, beruflich und privat. Das Scheitern von drei Ehen, Alkoholexzesse und Unmengen von Zigaretten, das mühsame Abschütteln des Schnulzensänger-Images, der schmachvolle Auftritt als Vorband der Rolling Stones, wo Maffay und seine Band mit Eiern, Tomaten und Coladosen beworfen wurden. Und dann vor zehn Jahren der Schock: Ärzte sprechen von Lungenkrebs. Die Diagnose ist falsch, es war nur ein Virus. Trotzdem ändert Maffay sein Leben von Grund auf. Er hört mit dem Rauchen auf, trinkt kaum mehr Alkohol, trainiert seinen Körper. Heute ist er fit wie ein Turnschuh. Er heiratet zum vierten Mal. 2003 gibt er seiner 26 Jahre jüngeren Freundin Tania im Tutzinger Rathaus das Ja-Wort. Im selben Jahr wird der gemeinsame Sohn Yaris geboren. Maffay macht kein Hehl daraus, dass er an Gott glaubt und der SPD nahe steht.

Mit "Steppenwolf" beginnt 1979 der berufliche Erfolg. 1,6 Millionen Mal wird die Platte verkauft, ein Rekord. Aus dem Schlagerbarden wird der Rocker. Das, was er immer sein wollte. Mit 16 Alben auf Platz 1 der Charts ist der Tutzinger Deutschlands erfolgreichster Musiker.

Aber Musik ist nicht alles. Er gründet die Peter-Maffay-Stiftung, errichtet Schutzräume für traumatisierte Kinder in Deutschland, Rumänien und auf Mallorca, wo er eine Finca hat und Biolandwirtschaft betreibt. Er kämpft gegen Rassismus und Diskriminierung, prangert Naturzerstörung und Gewalt an. Die Auszeichnungen aufzuzählen, die er bekommen hat, würde den Platz sprengen. Sie reichen von Bambis über Echos bis zur Ehrenbürgerwürde von Tutzing, dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber.

Peter Maffay hat ein Buch veröffentlicht. Nein, gemeint ist nicht die 400-Seiten starke Biografie "Auf dem Weg zu mir", die er zusammen mit Edmund Hartsch verfasste. "Der 9. Ton" ist ein Büchlein von nur 128 Seiten mit einem Untertitel, der Maffay wohl am besten beschreibt: Gedanken eines Getriebenen. Darin schildert Maffay seine Kindheit in Siebenbürgen, sein Elternhaus, das geprägt war "durch klare Wertvorstellungen", das Leben in einer Diktatur und die Ausreise nach Deutschland. Er beschreibt sein Verhältnis zu Gott und erzählt von Begegnungen, die ihn geprägt haben: mit Wolfgang Niedecken von BAP und Udo Lindenberg, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und Willy Brandt, mit Frank Elstner, Joachim Gauck, Papst Benedikt und anderen. Seine wichtigste aber war die mit Tania, seiner Frau: "Ich glaube, ich bin angekommen. Was für eine wunderbare Fügung."

Und es war Sommer und er wird 65 Jahr': der Deutschrocker Peter Maffay hat das Rentenalter erreicht. (Foto: Uwe Zucchi/dpa)

Für Maffay ist der 9. Ton der "gute Ton". Er stehe für respektvolles Zusammenspiel, er sei der Schlüssel dazu, Hass und Dummheit zu besiegen. Maffay hat eines gelernt in seinem Leben: Gemeinsam geht alles besser. Das Wir ist wichtiger als das Ich.

Der Deutschrocker führt Buch. Seit Jahren schreibt er Gedanken, Ideen für Liedtexte und Alltägliches in seinen Kalender. Auch über den Tod. Vom coolen Rocker werde vielleicht nicht mehr viel übrig bleiben, wenn er einmal gehen müsse, bekennt er ganz ehrlich. Möglicherweise werde er dann betteln - um Zeit. Denn "es gibt ja noch so viel zu tun". Zum Beispiel die Deutschlandtour mit seinem neuesten Album "Wenn das so ist", die im Januar beginnt. Oder die Arbeit an einer weiteren Tabaluga-Geschichte. Obwohl sich der kleine grüne Drache mit dem fünften Märchen "Tabaluga und die Zeichen der Zeit" eigentlich von der Bühne verabschieden wollte.

Aber jetzt wird erst einmal Geburtstag gefeiert. "Im Ausland", lautet die knappe Ortsangabe von Albert Luppart, Geschäftsführer der Peter-Maffay-Stiftung. Es muss warm sein an diesem Ort, denn weit und breit sei kein Eis aufzutreiben, postet Maffay auf Facebook. Natürlich wurde auch er für die Ice 65 Bucket Challenge nominiert, mit der auf die Nervenkrankheit ALS aufmerksam gemacht werden soll. Tim Bendzko war es, der Maffay die Abkühlung verpassen wollte. Die wird es nicht geben, aber 2000 Euro für die ALS Association. Ein Rocker, der den guten Ton beherrscht.

© SZ vom 30.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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