Handwerk:Schmuckstücke für jeden Tag

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Sissi Taubert hat sich auf die traditionelle Herstellung von Taschen spezialisiert. Wer bei ihr in Breitbrunn ein Unikat bestellt, ´nimmt sich Zeit, bekommt einen Kaffee und freut sich, wenn er wieder geht`.

Von Paula Rentzsch, Herrsching

Jeder darf so sein, wie er will, die Kinder im Haus, die Hühner im Garten und sogar die Taschen in der Werkstatt.

Die Hühner zum Beispiel können ihre Eier ablegen, wo sie wollen, Sissi Taubert kann sie so zwar nicht einsammeln, "aber die Tiere haben ihren Spaß". Die gleiche Devise gilt bei der Herstellung ihrer Taschen. Sie müssen eigentlich über zwei Träger verfügen, das ist schon immer so gewesen. Doch Tauberts Designs "müssen das nicht, sie dürfen auch nur einen haben". Weil bei konventionellen Taschen gern mal einer der Träger von der Schulter rutscht, sei das auch praktisch, und das muss es sein, "sonst macht es keinen Sinn".

In ihrer traditionellen Manufaktur verkauft Taubert nicht nur Taschen mit einem oder zwei Trägern, sondern auch Gürtel, Kissen, Tischläufer und vieles mehr. Grundsätzlich kommt die 51-Jährige so ziemlich jedem Kundenwunsch nach, aber sie müsse als Künstlerin "hinter den Produkten stehen können". Ihre Manufaktur hat keine gewöhnlichen Öffnungszeiten. Interessenten, die eines ihrer Stücke kaufen oder sich etwas anfertigen lassen wollen, "nehmen sich die Zeit, rufen an und kommen dann vorbei. Sie kriegen einen Kaffee, haben Spaß und freuen sich, wenn sie wieder gehen".

Aus Leder und aus Stoff, mit einem Träger oder auch mit zweien: Sissi Taubert stellt in ihrer Werkstatt Handtaschen, Rucksäcke, Gürtel, Hosenträger und Kissen her. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Schon als Kind war Taubert oft an der Nähmaschine oder an den Stricknadeln. Sie ist in einer Großfamilie aufgewachsen, inzwischen hat sie selbst vier Kinder. 2006 hat sie dann beschlossen, ihren Traum vom Arbeiten mit Leder und Stoff zu verwirklichen. Anfangs fertigte sie Trachtenanzüge und Hosenträger. Später kamen Jägerrucksäcke, Taschen und weitere Produkte dazu.

Was in ihrer Werkstatt zählt, das sind die Wertschätzung für das Material und die Praktikabilität. Nur weil der Stoff einen Fleck habe, müsse man ihn nicht gleich wegschmeißen, findet Taubert. Man könne auch etwas Schönes daraus zaubern. Zum Beispiel kann er bedruckt oder eingefärbt werden. Auf dem Futter einer so entstandenen Ledertasche sind die Unreinheiten nicht einmal mehr zu erahnen.

Tauberts Werke sind, wie sie selbst sagt "kleine Schmuckstücke". Was aber nicht falsch zu verstehen sei, denn ihre Stücke sollen nicht nur schön aussehen, "sie gehören hergenommen". Die Menschen sollen etwas davon haben. Um diesem Zweck dienen zu können, sind sie sehr beständig. Ihre Taschen können auch an die nächste Generation weitergegeben werden. Einmal lief das aber nicht ganz so wie geplant, die Tochter einer Kundin hatte sich die Tasche ihrer Mutter ausgeliehen, später fuhr sie dann aus Versehen mit dem Roller über das gute Stück. Dies war aber kein Problem für Taubert, denn "zaubern" könne sie gut. Die Tasche sei nun, auch wenn sie nicht genauso aussehe wie vorher, fast noch schöner.

Sissi Taubert macht ihr Hobby zum Beruf. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Diese Taschen - normalerweise ohne Rollerbehandlung - gehören zu Tauberts Spezialitäten. Die Form hat eine lange Tradition, eine Freundin hatte Taubert vor vielen Jahren ein Modell vorbeigebracht, mit der Bitte, sie sich anzusehen und nachzunähen. Nach zwei Jahren, in denen die Tasche nur in der Werkstatt herumstand, widmete sie sich ihr endlich. Der Anfang war hart, die Materialbeschaffung und die Konstruktion seien für Laien eine Herausforderung. Aber aufgegeben hat sie nicht, nun verkaufen sich die Taschen, die sie seitdem selbst weiterentwickelt hat und für deren Fertigung sie mehr als zehn Stunden braucht, sehr gut. Neben Mustern, die sie auf das Leder lasern lässt, bietet die Künstlerin auch die Möglichkeit an, die Stücke durch gelaserte Monogramme zu personalisieren. "Je nachdem wie das Leder behandelt wurde, also wie es eingefärbt oder verarbeitet wurde, wird es dadurch heller oder dunkler", erklärt Taubert.

Stolz zeigt sie einige ihrer Stücke. In den Räumen in Breitbrunn fühlt sich Taubert sichtlich wohl. Das Haus war bereits im Besitz ihrer Großeltern, ihr Großvater hatte dort seine Schusterwerkstatt. Bis vor kurzem waren Tauberts Nähmaschinen hier. Die sind jetzt aber ins Wohnhaus nach Hechendorf umgezogen. In Breitbrunn gibt es nur noch den Ausstellungsraum, eine gemütliche Küche und die Möglichkeit zum Musizieren. Taubert selbst singt in einem Dreigesang.

Die Kunsthandwerkerin lebt nach der Devise, "das Leben so schön zu machen, wie es geht, ohne anderen zu schaden".

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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