SZ-Serie: Wie es Starnbergern in der Corona-Auszeit zu Hause ergeht:"Ich habe gerade ein sehr entschleunigtes, entspanntes Leben"

Lesezeit: 3 min

Wassertreten im heimischen Garten: Kneippen ist ohne großen Aufwand möglich, findet Renate Wagner. (Foto: Arlet Ulfers)

Renate Wagner, Chefin des Starnberger Kneipp-Vereins, hält sich mit Tautreten im Garten und einem Online-Salsa-Kurs fit

Von Leonard Frick, Starnberg

Renate Wagner ist seit fünf Jahren Vorsitzende des Kneipp-Vereins Starnberg. Die 1997 gegründete Gruppe zählt mittlerweile 136 Mitglieder und trifft sich regelmäßig bei der Kneippanlage am Mühlbergschlössl zum Wassertreten. Die 71-jährige Wagner organisiert Salsa-Kurse und Nordic Walking für die Mitglieder. Daneben gibt es die unterschiedlichsten Veranstaltungen wie Denksportspaziergänge, Vollmondwanderungen oder Stockschießen - alles im Namen der Gesundheit. Wer Interesse an Kneipp-Gängen hat, der kann auf der Webseite des Vereins mehr erfahren (www.kneippverein-starnberg.de). Wegen der Corona-Krise musste Wagner viele Veranstaltungen absagen. Trotz leeren Terminkalenders und Ausgangbeschränkungen bleibt die jung gebliebene Großmutter aktiv.

SZ: Frau Wagner, wie geht es Ihnen?

Renate Wagner: Wunderbar. Mir geht es gesundheitlich gut und meiner Familie geht es gut. Deswegen will ich nicht jammern.

Waren Sie schon Kneippen heute?

Ich war Tautreten im Garten, wie ich es jeden Morgen nach dem Aufstehen mache. Dabei sollte man mit bettwarmen Füßen durch den Garten laufen, bis man ein Kribbeln fühlt. Dann den Schmutz abstreifen, in Schuhe oder Socken steigen und in null Komma nichts hat man warme Füße.

Worum geht es beim Kneippen genau?

Kneippen hat fünf Säulen: Wasser, Bewegung, Ordnung, Ernährung, Heilpflanzen. Jede Sache für sich bringt etwas, aber wenn man es ganzheitlich durchführt, ist es viel effektiver. Kneippen ist auch 2015 in das immaterielle Kulturerbe aufgenommen worden.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Es ist sehr gut umzusetzen, überall und für jeden. Gerade kalte oder warme Kneippgüsse kann man immer machen, in jeder Badewanne und jeder Dusche. Dabei sollte man möglichst nicht die Duschbrause verwenden. Am besten ist es, den gebündelten Strahl über die Haut fließen zu lassen.

Was kann man noch zu Hause machen?

Der Kneippbund hat für jede der fünf Grundlagen eine Übung zum Ausprobieren im Internet. Ein kaltes Armbad ist ganz einfach in jedem Waschbecken machbar. Wenn man beim Spaziergang an einem Bach vorbeikommt, kann man einfach im Storchengang durchmarschieren. Falls am Boden Kies ist, dann hat man zusätzlich die Reize eines Barfußpfades. Man muss also keinen großen Aufwand betreiben. Und beim Nordic Walken kann man jederzeit loslaufen. Da sollte man aber die Technik lernen.

Und das lernt man bei Ihnen im Verein?

Ja, um das richtig zu lernen, bieten wir vier Mal die Woche Kurse an, die ich teilweise auch persönlich leite.

Was bieten Sie noch an?

Jeden Monat gibt es eine Mondwanderung, einen Aktionstag am Kneippbecken und außerdem kegeln wir. Ein Montagskino gibt es jeden zweiten Montag im Monat, Stockschießen jeden Montag. Etwas ganz Besonderes ist der Stadtteilspaziergang in München, ein sehr lehrreicher und schöner Ausflug. Beim Starnberger Stadtradeln haben wir voriges Jahr den dritten Platz gemacht, da waren wir stolz drauf. Und wir organisieren jedes Jahr ein Sommerfest.

All diese Veranstaltungen sind derzeit nicht möglich. Fehlt Ihnen das?

Ja, das fehlt mir unheimlich. Sie haben ja gehört, dass das wahnsinnig viel ist. Ich bin eigentlich immer beschäftigt, und das fällt im Moment alles weg. Also ich habe gerade ein sehr entschleunigtes, entspanntes Leben.

Zum Kneippen gehört die Bewegung dazu, was machen Sie sonst noch?

Ich wohne mit meiner Familie zusammen in einem Haus, mit der bin ich ab und zu Walken oder Laufen. Ich gehe aber höchstens mit zwei Leuten raus, wobei das auch schon komisch ausschaut, wenn man zu dritt unterwegs ist. Ich fahre ein bisschen Rad, aber nicht zu weit weg. Mit meiner Tochter oder Enkelin übe ich im Garten ab und zu Salsa-Schritte.

Sie machen einen Salsa-Kurs?

Im Moment ist der Salsa-Kurs online. Ich stelle mich hin und baue den Laptop auf. Drei Meter Platz muss man dafür schon haben, damit man sich frei bewegen kann. Dann fängt die Leiterin mit den Schritten an, und wir machen sie nach. Das Schöne an dem Online-Kurs ist: Da kann man auch wegschalten, da muss man sich nicht zuschauen lassen.

Aber Sie müssen sich zurzeit trotzdem einschränken?

Ich bin eigentlich immer zu Hause, nur manchmal gehe ich spazieren. Mein Ziel ist zu schauen, dass wir alle gut durch diese Zeit kommen. Wenn ich rausgehe, habe ich immer meine Maske in der Tasche. Ach ja, Masken nähe ich auch. Ich habe einen Bruder in Spanien, der sehr krank ist, und das Land ist stark vom Coronavirus betroffen. Er hatte eine schwere Kopf-OP wegen eines Tumors und bekommt jetzt Bestrahlungen. Seine Tochter muss ihn immer in die Klinik fahren. Sie bekommen keine Masken gestellt, weil es keine mehr gibt. Da habe ich Angst. Ich habe daraufhin einige Masken genäht und hingeschickt.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Corona-Krise vorbei ist?

Ich vermisse es, einkaufen zu gehen. Ich freue mich auf das Beisammensein und die Geselligkeit. Auf ein Gläschen Wein mit Freunden. Auf Kuchen essen und Kaffee trinken. All diese Sachen.

Aber der Verein hält Kontakt?

Ja, per Whatsapp, E-Mail und Telefon. Mal fahren Freunde mit dem Radl zum Gartentor, um mit Abstand einen kleinen Plausch zu halten. Das Problem in unserem Alter ist nur, dass wir uns bei zwei Metern Entfernung nicht mehr so gut hören können.

Vielen Dank und bleiben Sie gesund!

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: