Streitthema:Barrierefreier Ausbau gescheitert

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Gemeinderat Herrsching lehnt teure Umgestaltung des Kurparkschlösschens knapp ab

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Die Gemeinde Herrsching wird kein Genehmigungsverfahren für einen Aufzugs-Turm am Kurparkschlösschen einleiten. Mit knapper Mehrheit und gegen die Stimmen von SPD, FDP und BGH/FW hat das der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Auch den Antrag von Johannes Puntsch (FDP), zumindest einen Antrag auf Vorbescheid zu stellen, lehnte die Mehrheit ab. "Damit ist die Planung für eine Barrierefreiheit des Kurparkschlösschens leider beendet", sagte Bürgermeister Christian Schiller.

Nach jahrelangen Bemühungen um einen behindertengerechten Ausbau des Herrschinger Wahrzeichens hatte sich vor ein paar Monaten eine Lösung abgezeichnet. Geplant war ein externer Aufzugs-Turm an der Rückseite der Scheuermann-Villa. Dieser hätte über einen Steg ins Gebäude geführt. Trotz einiger Unwägbarkeiten waren damals alle beteiligten Stellen zuversichtlich gewesen, dass die Lösung zwar teuer, aber möglich sei. Nun zerschlugen sich die Hoffnungen. Planer Andreas Doktor informierte das Gremium, das Landratsamt habe in einem Gespräch mitgeteilt, dass die Gemeinde für den Umbau einen Bauantrag für eine Nutzungsänderung stellen müsse. In einem solchen Genehmigungsverfahren müssten Denkmal- und Brandschutz neuerlich geprüft werden. Schließlich soll ein barrierefreies Schlösschen von einem erweiterten Personenkreis genutzt werden können. "Da die Fluchtzeiten bei behinderten Personen deutlich länger sind als bei nicht behinderten Personen, müssen dann die Böden und Decken bezüglich der Feuerwiderstandsdauer ertüchtigt werden", so Schiller. Die stilvollen Holzkassettendecken und die Holzböden müssten verschalt, Holzträger mit Stahl verstärkt und die Fassade mit Brandschutz versehen werden. Problematisch sei auch, ob der Steg, auf dem nur drei Rollstühle Platz haben, als Fluchtweg ausreicht. "Selbst wenn das funktionieren würde, wäre das nicht mehr unser Kurparkschlösschen", meinte Thomas Bader (CSU). Das Gebäude würde wahrscheinlich sogar aus dem Denkmalschutz fallen. Dazu kommen die Kosten: Der Planer rechnete mit einem hohen sechs-, wenn nicht siebenstelligen Betrag und einer Baudauer von ein bis zwei Jahren.

So viel Aufwand für eine optisch wohl relativ schlechte Lösung wollte das Ratsgremium nicht betreiben. "Suchen wir lieber eine Alternative für die Veranstaltungen", schlug Klaus Pittrich (CSU) vor. In den nächsten Jahren soll schließlich das alte Bahnhofsgebäude entwidmet werden. Hier könne mit viel weniger Aufwand ein behindertengerechter Kultursaal entstehen. Auch Schiller wollte "kein weiteres Steuergeld" für eine Planung ausgeben, die das Schlösschen extrem verändert. Die Befürworter der Barrierefreiheit sahen das anders. Sie hätten die Einwände gegen den Umbau lieber schwarz auf weiß gehabt. "Ich möchte einen echten Bescheid", betonte Anke Strobl (BGH/FW). Doch dieser würde nur kosten und inhaltlich nichts ändern, meinte Schiller.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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