Streit um Designstühle:Mit alten Möbeln ins neue Rathaus

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Noch herrscht in dem neuen Rathaus in Gilching gähnende Leere. Die Auswahl des Inventars ist nach wie vor ungelöst. (Foto: Arlet Ulfers)

In dem Dauerkonflikt schlagen die Freien Wähler nun einen absoluten Sparumzug vor. Der Gemeinderat Gilching soll in einer Sondersitzung außerdem einen Beschluss über Mehrkosten revidieren

Von Christian Deussing, Gilching

Der Dauerstreit um die Möblierung des künftigen Rathauses in Gilching geht in einer Sondersitzung des Gemeinderates am 29. März in die entscheidende Runde. Thema sind aber nicht nur die Luxus-Designstühle zum Preis von knapp 2500 Euro pro Exemplar im Ratssaal. Es geht auch darum, einen Beschluss vom Juni 2015 aufzuheben. Damals hatte der Gemeinderat den Mehrkosten bei der Möblierung um 383 000 Euro auf etwa 607 000 Euro gebilligt. Das Ausschreibungsergebnis habe aber "letztendlich bei 750 000 Euro" gelegen, betont Thomas Reich, Sprecher der Freien Wähler. In einem Antrag fordert er, dass nun das erhöhte Budget aufgehoben wird.

Seine FW-Fraktion geht davon aus, dass seinerzeit der Gemeinderat der Budgeterhöhung "nie zugestimmt hätte, wenn er über die desolate Finanzlage" der Gemeinden informiert worden wäre. Es sei also aufgrund einer "falsch dargestellten" Haushaltslage die Entscheidung getroffen worden, die gesamte Rathausmöblierung neu zu beschaffen, heißt es in dem Antrag. Dieser dürfte die Inventar-Debatte abermals befeuern.

Denn die Freien Wähler fordern jetzt, "nach Möglichkeit" das vorhandene Mobiliar beim Umzug ins neue Rathaus mitzunehmen, um den eigentlichen Kostenrahmen und den ursprünglichen Plan einzuhalten. Überdies seien die Möbel im alten Rathaus teilweise nur sechs Jahre alt. Die FW-Fraktion betont zudem, dass die Kommunalpolitiker entgegen eines Ratsbeschlusses "nicht in die Auswahl der Möbel mit einbezogen" worden seien. Das Gremium habe auch zu keinem Zeitpunkt aus "ästhetischen Gründen exklusive Designmöbel" anschaffen und ausschreiben wollen. Deshalb fordert Reich in der Sondersitzung, nur zwingend notwendiges Mobiliar neu auszuschreiben und hierbei den Gemeinderat auch einzubinden.

Der Streit um das Inventar hatte im vergangenen Dezember begonnen, als die Ratsmitglieder in nichtöffentlicher Sitzung den Zuschlag für die teuren Drehstühle im künftigen Sitzungssaal mit großer Mehrheit ablehnten. Die Folge: Die Ausschreibung der Möbel für den Saal und weitere Sonderräume (Los 3) wurde aufgehoben. Der betroffene Anbieter aus München wollte dies nicht akzeptieren und beschwerte sich bei der Vergabekammer Südbayern - mit Erfolg: Die Kammer revidierte die Entscheidung der Gemeinde. Denn diese habe in der mündlichen Verhandlung nicht darlegen können, dass ihr Sparwille und die öffentliche Diskussion über die Sitzungsstühle ihren "Beschaffungsbedarf so geändert" haben könnte, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtfertigt wäre. Die Entscheidung der Kammer bedeute aber nicht, dass die Gemeinde in jedem Fall den Zuschlag der betreffenden Firma erteilen müsse. Denn keine Vergabestelle könne "gezwungen werden, Produkte zu beschaffen", die sie nicht mehr wolle, heißt es in einer Presseerklärung der Regierung von Oberbayern, zu der die Vergabekammer gehört.

Bereits bei der Vergabe der anderen Rathausmöbel (Los 2) hatte der selbe Bieter mit einer Rüge vor der Vergabekammer Recht bekommen. Die Designfirma hatte zwar nur das zweitgünstigste Preisangebot, jedoch auf Verstöße im Vergaberecht hingewiesen. So hatte der Mitbewerber aus Gilching nach Ansicht der Richter ein Angebot für die Büromöbel vorgelegt, das "unstrittig nicht den Vorgaben der Leistungsbeschreibung" entsprochen habe.

Wegen des Möbel-Streits verzögert sich der Einzug in das neue Gilchinger Rathaus um etwa sechs Monate.

© SZ vom 23.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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