Strandbad Feldafing:Ohrfeigen vom Bademeister

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Das Bad wird 90 Jahre alt, im Juli plant Pächterin Sarah Wiesböck ein Festwochenende. Ein Retrobadetuch für Liebhaber gibt es jetzt schon

Von Ute Pröttel, Feldafing

Diese Ohrfeige wird Gigi (Georgine Strassner) ihr Leben lang nicht vergessen. Eingefangen hat sie sich diese fürs Fangermandl spielen im Feldafinger Strandbad. "Dabei waren gar ned vui Leut' im Bad," erzählt die heute 75-Jährige. Aber als sie als junges Mädchen jede freie Sonnenstunde im Feldafinger Strandbad verbrachte, herrschten eben noch andere Sitten. Lautes Herumtoben war verpönt. Dafür setzte es dann doch mal eine Watschn vom Bademeister. Die hat die alteingesessene Feldafingerin aber nicht davon abgehalten, das malerische Strandbad ein Leben lang zu frequentieren.

Als das Bad 1927 eröffnete, betrug der Eintritt 30 Pfennige. Dafür durfte unter der Woche zwei Stunden und am Wochenende eine Stunde gebadet werden. (Foto: Privat)

Als junges Mädchen verbrachte sie die gesamten Sommerferien am Ufer des Starnberger Sees. "Mit nur einem Badeanzug", erzählt sie. Ständig Bikini wechseln gab es da noch nicht, obwohl die Familie schon seit sie denken kann eine feste Umkleidekabine habe. Ihren Mann hat sie im Feldafinger Bad kennengelernt und noch heute ist sie an schönen Tagen am See, das Westufer ist morgens am schönsten. "Und wenn die jungen Familien dann gegen elf Uhr kommen, gehe ich wieder nach Hause", erklärt sie ihre Badetaktik. Dass das Strandbad auch heute noch so ein beliebter Treffpunkt ist, freut sie sehr. "Und seit die junge Pächterin das Restaurant übernommen hat, isst man auch noch richtig gut."

In all den Jahren hat das Feldafinger Strandbad nie sein Aussehen verändert. Früher waren das Sonnenrondell und der Strand mit Sand aufgeschüttet. Heute sind die Flächen begrünt, doch die Umkleidekabinen und der zentrale Eingangsbereich mit seinem Giebel zum See hin sind seit 1927 unverändert geblieben. 90 Jahre feiert das Strandbad in diesem Sommer. Und dass es in seinem architektonischen Urzustand erhalten geblieben ist, grenzt beinahe an ein kleines Wunder. Das Starnberger Freibad aus derselben Zeit wurde schon viele Male modernisiert, aktuell entsteht ein modernes Freizeitbad. Vom ehemaligen "Undosa Wellenbad", dem ersten Wellenfreibad in Deutschland überhaupt, ist nur noch der Name übrig geblieben.

Auch vor 90 Jahren wusste man sich im Strandbad Feldafing bereits gekonnt für Fotos in Szene zu setzen - auch wenn das damals eher eine Seltenheit war. (Foto: Georgine Treybal)

Als das Strandbad in den Jahren 1926 und 1927 eröffnet wurde, war es Ausdruck eines völlig neuen Lebensgefühls. Die in früheren Strandbädern geltende strenge Trennung von Männlein und Weiblein gehörte der Vergangenheit an. Tatsächlich war auch das Feldafinger Bad noch mit einer hohen Palisadenwand geplant gewesen, die sich mitten durch ein Außenbecken direkt am Seeufer ziehen sollte. Bereits 1914 erteilte die Gemeinde die Genehmigung für einen Neubau des baufällig gewordenen "Strauch'schen Damenbades", das zum ehemaligen Hotel Strauch, dem heutigen Hotel Kaiserin Elisabeth gehörte. Doch Finanzierungsschwierigkeiten und der Erste Weltkrieg vereitelten den Baubeginn.

Fünfzehn Jahre später herrschte eine ganz andere Freibadekultur. Seit 1926 gab es Schwimmunterricht an den Schulen, in der Bademode ereigneten sich wahre Revolutionen. Männer schlüpften aus dem Einteiler in Dreispitz-Badehosen und immer mehr Damen weigerten sich, in sackförmigen Kleidern ins Wasser zu steigen. Gemeinschaftliche Familienfreibäder kamen in Mode. Zahlungskräftiges Klientel strömte mit Zug und Dampfschiff herbei. Nach den Plänen des Baumeisterbüros Knittl aus Tutzing realisierte die ortsansässige Zimmerei Flossmann in unmittelbare Nähe zum Lenné Park einen Drei-Flügelhof im Heimatstil. Das zentrale Außenbecken wurde zugunsten eines Sonnenplateaus verworfen. Die langen Holzbauten mit den 150 Umkleide- beziehungsweise Saisonkabinen wurden mit Sprossenfenstern und Walmdach versehen. Bereits nach der Fertigstellung der ersten Bauphase im Norden des Areals mit Plateau erfreute sich das Strandbad regen Zuspruchs. Im Oktober 1926 begann der zweite Bauabschnitt und im Juni 1927 wurde das Ensemble offiziell eingeweiht. Die Badezeit betrug unter der Woche zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen eine Stunde. Wer länger blieb, musste eine neue Strandkarte für 30 Pfennige lösen. Das Verlassen des Strandbads in Badekleidung war streng verboten.

Bald zählte das Bad etwa 4000 Besucher pro Jahr. Schon sehr schnell nach dem Erlass der bayerischen Denkmalschutzgesetze 1973 wurde das Kleinod am Starnberger See unter Denkmalschutz gestellt. Seit 2013 hat die junge Starnbergerin Sarah Wiesböck das Strandbad gepachtet. Sie hält es ganzjährig von 9 Uhr an geöffnet und bietet selbstgebackenen Kuchen, Pizza und regionale Gerichte an. Zur 90-Jahr-Feier hat sie das Originalhandtuch reproduzieren lassen, das Besucher im Jahr 1927 an der Kasse des Zentralbaus ausgehändigt bekamen. Vom 21. bis 23. Juli ist ein Festwochenende geplant. Ein gewebtes Retrobadetuch kann man sich jetzt zumindest schon mal sichern.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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