Stimmenfang:Selfie mit Claudia

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Bundestagsvizepräsidentin Roth begibt sich im Fünfseenland auf Bundestagswahlkampftour für die Grünen

Von Otto Fritscher, Stegen

"Das ist das erste Mal, dass mir der Orden was nützt", sagt Claudia Roth und grinst breit. Sie steht an diesem heißen Dienstag auf dem Deck des Ausflugsdampfers Herrsching, der gerade von Stegen abgelegt hat. Schiffskassier Matthias Leis hat der Grünen-Spitzenfrau und Bundestagsvizepräsidentin soeben eröffnet, dass der von Ministerpräsident Horst Seehofer verliehene Bayerische Verdienstorden sie dazu berechtige, kostenlos Schifferl zu fahren. "Da spare ich den Grünen sogar Geld", spottet Leis, der offenbar von der Ordensverleihung Kenntnis hat. Roth lacht, und das Dutzend Parteifreunde, das sie auf Wahlkampftour begleitet, ist ebenfalls in bester Sommerlaune.

Sieht so Wahlkampf aus? Oder ist es eher ein Familienausflug? Kerstin Täubner-Benicke, Bundestagskandidatin der Grünen im hiesigen Stimmkreis, erklärt, dass die Dampferfahrt auf dem Ammersee "symbolisch" sei, weil der Ammersee ja die Landkreise Starnberg und Landsberg verbindet, die im selben Stimmkreis sind. Und Roth gibt gleich das Ziel aus: "Wir wollen bei der Wahl die Bronzemedaille!" Also drittstärkste Partei werden. Täubner-Benicke sagt es bildlicher: "Der See ist blau, der Himmel ist blau, das Land muss grüner werden."

Von Herrsching geht's hinauf nach Andechs, im Biergarten des Klostergasthofs ist Mittagspause. Roth bestellt sich erst mal "ein kleines Bier, ein großes Wasser und einen Wurschtsalat", bevor sie einen Ausflug in die Weltpolitik unternimmt. Libyen, Trump und so weiter, ehe sie sich dann doch wieder in die Niederungen der bayerischen Politik begibt. Schließlich ist die Spitzenkandidatin der Grünen im Freistaat. "Dieser Wahlkampf ist wie Heimatkunde. Unglaublich, was man hier alles kennenlernen kann", sagt sie, und zählt Stationen ihrer Wahlkampftour auf: das Wurstmuseum in Neumarkt, das Porzellanmuseum in Cham, und ja - heute den Ammersee und Kloster Andechs. Begeistert zeigt sich Roth vor allem von den Menschen, mit denen sie in Kontakt kommt. "Wahnsinn, wie die sich in Bayern einsetzen, Bayern ist ein weltoffener Staat geworden, auch Dank der Grünen. Aber der Seehofer entmutigt die Menschen." Roth sprüht an diesem Tag vor Elan, und es kommen auf dem Dampfer viele, sehr viele Menschen, um ein Selfie mit ihr zu machen oder ein Autogramm zu bekommen. "Das ist auch anstrengend", sagt Roth in einem ruhigen Moment, "aber das gehört dazu, wenn einen die Menschen kennen."

Später gesellt sich dann noch Johannes Eckert, der Abt von Kloster Andechs, zu der Runde im schattigen Biergarten. Angeregt plaudert der Kirchenmann mit der Politikerin, und er tätigt erstaunliche Äußerungen. So könne er die "Ehe für alle" akzeptieren, auch wenn das nicht der katholische Ehebegriff sei. "Aber das Wohl eines Kindes ist das Wichtigste", sagt er. Und Eckert ärgert sich wohl darüber, dass im Andechser Asylhelferkreis, der die 96 Flüchtlinge am Ort betreut, kein einziger alteingesessener Andechser dabei ist.

Dann geht es weiter zur Druckerei Ulenspiegel in Machtlfing, einem ökologischen Vorzeigebetrieb. Claudia Roth und ihr Tross stehen da nicht nach: Sie steigen erneut in einen MVV-Bus, der sie schon von Herrsching auf den Heiligen Berg gebracht hat. So, wie es sich für Grüne gehört.

© SZ vom 30.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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