Stegen:"Für die Natur bleibt immer weniger Raum"

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Umweltbildung als zentrale Aufgabe: Christian Niederbichler am Naturlehrpfad in Herrsching. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Christian Niederbichler, Gebietsbetreuer für den Ammersee, über Erfolge und Rückschläge in seiner Arbeit

Interview von Armin Greune

Christian Niederbichler, 51, ist seit 20 Jahren Gebietsbetreuer für den Ammersee. Im Gespräch mit der SZ schildert er seine Aufgaben und zieht Bilanz über seine Arbeit.

SZ: Hatten Sie einen Bezug zum Ammerseegebiet, bevor Sie die Stelle antraten? Christian Niederbichler: Ich bin in Unterpfaffenhofen aufgewachsen und schon als Schüler bis Eching geradelt, um dort die Natur zu beobachten. Ich kann mich noch erinnern, wie ich dort einen Brachvogel gehört habe.

Was sind denn Ihre Hauptaufgaben?

Ich sehe mich als unabhängiger Fachberater, Makler zwischen verschiedenen Interessen und Ansprechpartner für Grundeigentümer.

Wird von Ihnen auch pädagogisches Talent verlangt, um für den Naturschutz zu werben?

Das ist auf jeden Fall nötig, bei mir vor allem in der Erwachsenenbildung. Im vergangenen Jahr habe ich mit meinem Kollegen Franz Wimmer 77 Veranstaltungen wie Führungen, Infostände und Vorträge geleitet mit 1350 Teilnehmern.

Verbringen Sie mehr Arbeitszeit in der Natur oder im Büro in Stegen?

Das hält sich ungefähr die Waage. Im Winter überwiegen die Schreibarbeiten an Berichten. Zur Mähsaison von August bis Oktober bin ich sehr viel draußen unterwegs. Dann fahre ich oft bei Landwirten auf dem Traktor mit und achte etwa darauf, dass Enziane vom Schnitt verschont werden oder die Goldrute als invasive Art beseitigt wird.

Patrouillieren Sie auch im Schutzgebiet, um Umweltfrevler aufzuspüren?

Das ist nicht meine Aufgabe. Aber wenn ich beispielsweise beim Kartieren von bedrohten Arten auf Leute stoße, die zur Brutzeit in gesperrte Bereiche eindringen, kläre sich sie schon über die Konsequenzen auf.

Verhalten sich die Leute dann immer einsichtig?

Doch, ich kann fast alle überreden, das Schutzgebiet zu verlassen. In 20 Jahren hatte ich nur einen einzigen Fall, wo ich die Polizei zu Hilfe holen musste, weil Bootsfahrer unbedingt auf der Amper paddeln wollten.

Sicher gibt es auch erfreulichere Aspekte in Ihrem Aufgabenbereich?

Am meisten Freude bereitet mir die Zusammenarbeit mit den Landwirten. Einerseits lerne ich von ihnen ständig noch etwas dazu, andererseits sind sie oft bereit, auf den Artenschutz Rücksicht zu nehmen. Dann merke ich etwa, wie sie bei der Mahd genau an den richtigen Stellen Altgrasflächen aussparen.

Und was sind die eher negativen Aspekte der Tätigkeit als Gebietsbetreuer?

Mir fehlt ein Stellvertreter und auch ein nennenswerter Etat, mit dem ich arbeiten könnte. An der Vielfalt der Aufgaben könnte man manchmal verzweifeln.

Was werten Sie als größten Erfolg?

Das ist wohl die Rückkehr des Brachvogels ins Ampermoos. Er war dort im Ammerseegebiet bereits komplett ausgestorben. Nun gibt es wieder sieben Brutpaare und zwar zusätzlich zu den zwei bis vier Paaren am Südufer des Sees. Aber der Schutz der Art erfordert auch eine großen Aufwand.

Inwiefern?

Ohne Zaun geht da gar nichts, die Gelege müssen mit elektrischem Strom vor Füchsen geschützt werden. Das kann keine Lösung auf Dauer sein und ist überhaupt nur durch die ehrenamtliche Unterstützung von Susanne Hoffmann und in Teamarbeit mit den Jägern möglich.

Haben Sie umgekehrt auch frustrierende Erfahrungen gesammelt?

Klar, das Wegbrechen der Kiebitzpopulationen etwa oder der starke Rückgang der Braunkehlchen. Die Landschaft im Fünfseenland steht halt außerhalb der Schutzgebiete unter hohem Siedlungs- und Erholungsdruck, auch der Verkehr nimmt immer noch zu. Für die Natur bleibt immer weniger Raum.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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