Demo in Starnberg:Stau mit Ansage

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In der Kreisstadt ist man zu Fuß oft schneller als mit dem Auto: Stau in Starnberg. (Foto: Franz X. Fuchs)

Mitten im Berufsverkehr am Montagnachmittag wird in der Kreisstadt für saubere Luft demonstriert. Die Autofahrer müssen sich da auf einiges gefasst machen.

Nie zuvor hat in Starnberg der Wahlkampf heftiger getobt als vor dem Urnengang zu den Stadtratsneuwahlen am 19. April: Seit Wochen schon sind Werbeflächen und Litfaßsäulen mit Reklame vollgeklebt, die Stadt ist im Ausnahmezustand. Die jeweilen Parteien und Gruppierungen setzen auf Bannerwerbung, Flyer, Anzeigen - und Aktionen. Am spektakulärsten aber dürfte die "Demonstration für saubere Luft" sein, die am Montag, 23. März, in der Zeit von 17 bis 19 Uhr mitten auf der Hauptstraße in Starnberg angemeldet ist: Die gemeinsame Veranstaltung von UWG, CSU, SPD und Grünen soll auf höchst einprägsame Weise darauf aufmerksam machen, dass an der am höchsten belasteten Stelle der Kreisstadt schon seit Jahren permanent die Grenzwerte für Stickstoffdioxid drastisch überschritten werden.

Völlig unklar ist, wie viele Teilnehmer die Demonstration anlocken wird. Doch bereits im Vorfeld des munteren Spektakels ereifern sich die Gemüter; insbesondere die Befürworter einer Umfahrung wittern eine Werbeveranstaltung für den B2-Tunnel, obwohl auch sie das Ziel "Saubere Luft" befürworten sollten. In der Praxis könnte der Stau auf der Bundesstraße 2 zur besten Hauptverkehrszeit von Starnberg bis Forstenried sowie weit ins südliche Hinterland der Kreisstadt reichen.

Den Organisatoren der Veranstaltung ist durchaus bewusst, dass sie sich mit ihrer Aktion nicht nur Freunde machen werden: Insbesondere Berufskraftfahrer, aber auch Pendler oder unwissend nach Starnberg reisende Verkehrsteilnehmer dürften am Montag unvermutet von den Starnberger Verhältnissen auch in politischer Hinsicht überrascht werden. Auf der anderen Seite aber stehen die berechtigten Interessen der Einwohner, die täglich mit bis zu 40 000 Fahrzeugen konfrontiert werden, die das Nadelöhr Starnberg im Herzen der Stadt passieren.

Zweifelsohne offenbart die Demonstration das seit Jahrzehnten größte Dilemma der Stadt: Die ungelöste Verkehrsfrage oder - verkürzt - die Frage nach Tunnel oder Umfahrung. Dabei ist für die Veranstalter klar, dass ein Tunnel durch die Stadt die einzig machbare Lösung darstellt: Während eine Umfahrung bislang bestenfalls als vage Wunschvorstellung existiert, gibt es für den Tunnel schon seit Jahren abgesegnete Planungen; einzig die Finanzierung durch die Bundesregierung steht noch aus. Doch der Widerstand gegen den Tunnel ist mindestens ebenso groß wie der Wunsch nach Verkehrsentlastung - was die Sache eben nicht leichter macht. Bis zum Sommer, so hat es der Stadtrat beschlossen, soll nun ein "Verkehrsentwicklungsplan" vorliegen, der alle Möglichkeiten auslotet.

Außerhalb der Kreisstadt verfolgt man den Dauerstreit mit zunehmender Irritation. So plädiert etwa der Kreisverband der Mittelstandsunion einstimmig für den Bau des B2-Tunnels, "auch wenn einige Details noch nachgebessert werden müssen". Auch die CSU in Gauting unterstützt die Demonstration für "Saubere Luft in Starnberg": Zum einen, weil "diese bereits planfestgestellte Lösung für das Starnberger Verkehrsproblem auf Jahrzehnte hinaus der einzig gangbare Weg" ist, zum anderen, weil man sich um Gautings Trinkwasserversorgung sorgt. Die Starnberger FDP ist hingegen überhaupt nicht begeistert. Iris Ziebart, die für den Stadtrat kandidiert, kritisierte auf einer Veranstaltung der Liberalen die Aktion: "Das ist unwürdiger Rabatz." Und Kreisrat Oswald Gasser fügte ebenso empört hinzu: "Das wird auf dem Rücken derer ausgetragen, die am Abend nach Hause wollen."

© SZ vom 21.03.2015 / phaa, pro - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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