Starnberg:Reklame in der Grauzone

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Bürgermeisterin John steht nicht zur Wahl, wirbt aber dennoch für ihre Gruppierung

Von Peter Haacke, Starnberg

Wer mit offenen Augen durch Starnberg streift, erkennt sofort, dass der Kreisstadt ein wichtiges Ereignis bevorsteht. Toreinfahrten und Gartenzäune, Litfaßsäulen und Werbetafeln sind seit Wochen gespickt mit Plakaten und Transparenten und versuchen, die Aufmerksamkeit der Flanierenden auf sich zu ziehen. Denn es ist wieder einmal Wahlkampf in Starnberg, und die acht am 19. April zur Wahl stehenden Gruppierungen nutzen jede noch so kleine freie Fläche, um ihre Botschaft zu verbreiten.

Die Inhalte sind freilich überaus unterschiedlich: Hier ersehnt man sich einen Ruck in Starnberg, dort stellt man geballte weibliche Kompetenz zur Schau. Einige fordern Tunnelbau gegen Stau, andere möchten lieber außen rum als mittendurch, und wieder andere hätten gern einen schöneren Bahnhof. Neben eher klassisch gestalteten Plakaten, die Konterfeis der Bewerber in den Fokus rücken, gibt es auch originellere Motive, deren Sinn sich allerdings nicht auf den ersten Blick erschließt: So verwirrt etwa ein Buchstabensalat, steckt ein Dartpfeil in der Wurfscheibe und ein Igel, dem ein Apfel auf die Stacheln gedrückt wurde, schleppt traurig dreinblickend seine Obstlast. Ein Fall für den Tierschutz?

Mitnichten. Denn das Stacheltier wirbt für das "Bündnis Mitte Starnberg" (BMS) - die Gruppierung der Bürgermeisterin, deren Botschaft ("Wir treten an") im Wahlkampf als inhaltliches Bekenntnis fehlinterpretiert werden kann. Das BMS hat aber noch ein weiteres Argument: "Klare Werte, klarer Kurs - 100 Prozent für Starnberg und Eva John" ist auf großflächigen Bannern neben dem Konterfei der Bürgermeisterin zu lesen. Doch wer aufgepasst hat, der weiß: John tritt gar nicht an, sie hat ihr Amt bis 2020 inne. Manch einer fragt sich nun aber: Verstößt der Auftritt zugunsten ihrer Gruppe nicht gegen das Neutralitätsgebot der Amtsinhaberin, die doch gar nicht zur Wahl steht? Sind die Wahlen damit womöglich erneut ungültig?

Dieser Frage ging nach einer Beschwerde auch die Kommunale Rechtsaufsicht im Landratsamt nach. Zwar hielt sich insbesondere die politische Konkurrenz mit offener Kritik am PR-Auftritt der Bürgermeisterin bislang zurück, doch hinter den Kulissen rumorte es. "Darf die das?", fragten sich Grüne, Rote oder Schwarze. Die Antwort lautet: Ja - auch wenn sich John in einer Art Grauzone befindet: Das meint jedenfalls Herrmann Büchner aus Hof, der in Fachkreisen als Koryphäe für Kommunalrecht gilt. "In solche Situationen kommen Kommunen häufig rein", sagte Büchner auf SZ-Anfrage. Natürlich bedeute Werbung für eine Partei durch einen Amtsträger immer auch eine "gewisse Einflussnahme". Aber bei rechtlicher Würdigung dieses Umstands müsse man Vorsicht walten lassen. Denn ein Bürgermeister hat ein Recht auf seine Amtsbezeichnung, und seine persönliche Meinung sei eben "unschädlich" für das Verfahren. Unlängst erst habe sich ein ähnlicher Fall in Bamberg, bei dem der Oberbürgermeister ebenfalls nicht zur Wahl stand, zugetragen.

Bei der Rechtsaufsicht sieht man die beanstandete BMS-Bannerwerbung zwar durchaus kritisch, zumal die Werbung in ihrer Aussage in sich nicht schlüssig ist: Wahlvorschlag sowie Konterfei "könnten einen Betrachter zur Annahme verleiten, dass Frau John für das BMS zur Wahl steht", heißt es in einem Schreiben des Landratsamts. Andererseits geht man davon aus, dass es dem Wähler nach Anfechtung und Ungültigerklärung der Wahl hinreichend bekannt sein dürfte, dass nur der Stadtrat neu gewählt wird. Das Banner ist demnach nicht angreifbar, eine Anfechtung dürfte kaum Aussicht auf Erfolg haben.

© SZ vom 19.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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